„Beutekunst“ als Chance: Perspektiven der deutsch-russischen Verständigung

Item

Title
„Beutekunst“ als Chance: Perspektiven der deutsch-russischen Verständigung
Identifier
BV012338905
Creator
Burchardi, Kristiane
Kalb, Christof
has publication year
1998
Is Part Of
Mitteilungen OEI
volume
38
has URL
https://www.dokumente.ios-regensburg.de/publikationen/mitteilungen/mitt_38.pdf
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-63274-3
extracted text
OSTEUROPA-INSTITUT MÜNCHEN

Mitteilungen

Nr. 38

August 1998

KRISTIANE BURCHARDI / CHRISTOF KALB
„Beutekunst“ als Chance
Perspektiven der deutsch-russischen
Verständigung
(Elektronische Fassung)
ISBN 3-921396-32-8

Scheinerstraße 11, D-81679 München, Tel. (089) 99839-442
Fax (089) 9810110, E-Mail Beyer-Thoma@lrz.uni-muenchen.de
Herausgeber: Hermann Beyer-Thoma

2

Inhalt

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2 Die Geschichte der „Beutekunst“ 6 eine Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3 Skizze der deutsch-russischen Verhandlungen über die „Beutekunst“ . . . . . . . . 16
4 Ein europäischer Vorschlag zu einem deutsch-russischen Streit . . . . . . . . . . . . 23
5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

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1 Einleitung
Am 8. Juni 1998 traf der russische Präsident El’cin mit seiner halben Regierungsmann-schaft
in Bonn zu deutsch-russischen Konsultationen ein, 6 und die Frage der „Beutekunst“ stand
nicht einmal auf der Tagesordnung. Der Streit um jene Kunst- und Kulturgüter, die die
Sowjetunion am Ende des Zweiten Weltkriegs aus Deutschland wegführte und zu deren
Rückgabe sich Rußland am Anfang der 90er Jahre vertraglich verpflichtete, hat inzwischen
ein Niveau an Komplexität erreicht, das selbst politische Gespräche auf allerhöchster Ebene
überfordert. Der Beschluß des russischen Parlaments, der die „Beutekunst“ per Gesetz zu
russischem Eigentum erklärte, hat die Rückgabediskussionen in eine Sackgasse geführt. Beide
Seiten beharren nun auf miteinander unvereinbaren Positionen. Wie historische, völkerrechtliche
und politische Dimensionen des Problems zukunftsgewandt gebündelt werden können, scheint
vorderhand unklar.
Die nachfolgende Studie* will in drei Schritten eine Bestandsaufnahme des Problems mit
einem konkreten Vorschlag zu dessen Lösung verbinden.
(1) Große Teile der russischen Öffentlichkeit und Politik halten die „Beutekunst“ für eine
Entschädigung, die Rußland zusteht. Der Resonanzboden dieser für Deutsche häufig
unverständlichen Einstellung liegt in dem Unrecht, das die Nationalsozialisten der russischen
Kultur angetan haben. Ein Überblick über die Geschichte der „Beutekunst“ ruft allerdings
auch in Erinnerung, daß Stalin ebenso wie Hitler die Kultur und die Kunst als Fortsetzung
des Kriegs mit anderen Mitteln begriffen hat: die Sowjetunion antwortete auf die deutsche
Zerstörung und Plünderung der russischen Kultur mit einem militärisch geplanten Kunstraubzug
im besiegten Deutschland.
(2) Mit der weltpolitischen Wende am Ende der 80er Jahre eröffneten sich ganz neue
Handlungsspielräume: Deutschland und Rußland kamen überein, ihre Beziehungen auf einer
Grundlage wechselseitiger Anerkennung neu zu gestalten. Vom Optimismus einer Zeitenwende
konnten die Verhandlungen über die Rückführung der „Beutekunst“ freilich nicht lange
profitieren. Nationalistisch motivierte Stimmungen in Rußland blockieren inzwischen die
Gespräche; aus der Sackgasse der Verhandlungen führt auch das Beharren der Bundesregierung
auf dem Rechtsstandpunkt nicht heraus.
(3) Die „Beutekunst“ ist ein historisches Problem, ein juristisches Problem und ein politisches
Problem,

6 die „Beutekunst“ eröffnet

aber auch eine Chance für die deutsch-russische

* Die Bearbeitung des Themas wurde durch ein Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung im Rahmen des
„Stiftungskollegs für internationale Aufgaben“ 1996/97 ermöglicht. Erste Ergebnisse der Forschungsarbeit
wurden vorgestellt in BURCHARDI/KALB Unterwegs nach Europa.
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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Verständigung, dann nämlich, wenn beide Seiten auf ihre nationalen Besitzansprüche verzichten
und die „Beutekunst“ als Teil einer gemeinsamen europäischen Kultur wahrnehmen. Auf
einen solchen Einstellungswechsel zielt die Formulierung eines europäischen Vorschlags zu
einem deutsch-russischen Streit.
2 Die Geschichte der „Beutekunst“ 6 eine Übersicht
Als sich die deutschen Truppen am Ende des Zweiten Weltkriegs aus Rußland zurückzogen,
waren Teile der russischen Kultur bis auf ihre Fundamente zerstört. Das ýajkovskij-Haus,
die Museen von Puškin,

ýechov

und Rimskij-Korsakov, die vor Leningrad gelegenen

Zarenschlösser Peterhof, Pavlovsk, Gatšina und Carskoe Selo, zahlreiche Kirchen und Klöster
in Novgorod, Pskov, Kalinin, Smolensk 6 von diesen und vielen anderen Kristallisationspunkten
der russischen Geschichte blieben häufig nur noch Trümmer. Das Entsetzen eines amerikanischen Reporters vor den Trümmern von Peterhof vermittelt eine Vorstellung von der Qualität
der Zerstörungen:
„Nun, da der Kampf vorüber ist, liegt das Land still da. Doch es ist nicht die Stille des Friedens,
sondern des Todes [...] Backsteinhäuser, Marmorschlösser mit Granittürmen sind dem Erdboden
gleich oder zu Schutt und Abfallhalden zusammengeschossen. Nicht einmal die üblichen Schwärme
der Wintervögel sind hier. […] Ich habe in Frankreich nach dem Weltkrieg Vergleichbares weder
gesehen noch gehört. Nur die vom Wind bewegten hohen Halme, die aus dem tiefen See ragen,
vermitteln ein Gefühl von Leben in der Natur. […] Ganz Peterhof ist verschwunden. Es ist nicht
einmal mehr eine Geisterstadt wie Kiev, Charkov, Poltava, Orel oder Kursk […], sondern eine
mit Trümmern übersäte Wüste, aus der die vielleicht erlesenste und heiterste Kunst, die die
Menschheit je geschaffen hat, weggefegt worden ist.“1

Zwar war es noch gelungen, große Teile der Sammlungen der russischen Museen nach Osten
auszulagern (z.B. nach Perm’, Novosibirsk, Sverdlovsk, Gor’kij, Novgorod)2; doch was am
Ort geblieben war, wurde zum Gegenstand einer maßlosen und doch systematischen Vernichtung. Aus einer militärischen Logik lassen sich die Angriffe auf die russische Kultur (wie
auch auf die Kulturen anderer Völker der Sowjetunion) nicht verständlich machen; der
Wahnsinn hatte eine andere Methode. Die Zerstörungen und Plünderungen, insbesondere

1 Zit. nach NICHOLAS Der Raub der Europa, S. 267.
2 NICHOLAS Der Raub der Europa, S. 251ff.

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in der Ukraine, Weißrußland und Rußland3, waren planvoll auf die Vernichtung fremder
Kulturen selbst ausgerichtet4: es ging darum, den „slawischen Untermenschen“ samt den
Zeugnissen seiner Identität und Geschichte zu eliminieren.
Zerstörung war das eine Ziel der deutschen Operationen, Plünderung war das andere. Der
rassisch begründete Überlegenheitsanspruch der deutschen Kultur ließ Hitler zunächst nicht
erwarten, in der Sowjetunion wertvolle Kunstschätze zu finden.5 Schon bald aber überzeugte
er sich vom Gegenteil und veranlaßte den systematischen Abtransport von Gegenständen
der Kunst und Kultur. Seit 1943 beschäftigten sich eine Vielzahl unterschiedlicher und häufig
miteinander konkurrierender Institutionen (SS, Gestapo, Finanzministerium, Reichskulturkammer, örtliche Nazi-Parteigruppen und Museen) mit dem Kunstraub. Von besonderer Bedeutung
sind der „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“, die von Himmler 1935 gegründete
SS-Organisation „Ahnenerbe“, die „Gruppe Kunstschutz“ (Einsatzgebiet nur im Westen)
sowie das Sonderkommando Künsberg (im Auftrag des Außenministers von Ribbentrop)6.
Die geraubten Kunstschätze sollten in einer Sammlung im sogenannten „Führermuseum“ in
Linz zusammengeführt werden.7 Dies ist auch der Grund, warum sich Hitler das letzte Wort
über die Auswahl der Kunstgegenstände vorbehielt (der sogenannte „Führervorbehalt“8).
Ob durch Zerstörung oder Plünderung 6 Nazi-Deutschland machte die Kultur zum Schlachtfeld. Die angebliche Überlegenheit der deutschen Kultur sollte die Legitimation für die
Vernichtung fremder Kulturen abgeben. Der von der Sowjetunion im besiegten Deutschland
durchgeführte Kunstraub hatte zwar einen anderen ideologischen Hintergrund; in seiner
Durchführung allerdings war er ähnlich konsequent.
Im November 1942 wurde in Moskau eine staatliche Sonderkommission eingerichtet; ihre
Aufgabe war die „Registrierung und Untersuchung von Verbrechen und Zerstörungen durch
die faschistische deutsche Besatzungsmacht und deren Verbündete, begangen an Bürgern,

3 Dokumentationen der Zerstörungen und Plünderungen finden sich bei AKINSHA/KOZLOV The Spoils
of War, NS-Kunstraub in der Sowjetunion, HARTUNG Raubzüge in der Sowjetunion, LEHMANN/KOLASA
Die Trophäenkommissionen, NICHOLAS Der Raub der Europa, PETROPOULOS Art as Politics, STERZL
Das Tolstoi Haus.
4 Zur Kriegführung und Besatzungspolitik der Nationalsozialisten im Osten vgl. die Dokumentensammlung
von MÜLLER Okkupation, Raub, Vernichtung.
5 Zur Funktion von Kunst und zur Kunstideologie im Dritten Reich vgl. LEHMANN-HAUPT Art Under A
Dictatorship, PRÖSTLER Die Ursprünge der nationalsozialistischen Kunsttheorie, PETROPOULOS Art as
Politics.
6 Zum Sonderkommando Künsberg vgl. HARTUNG Raubzüge in der Sowjetunion.
7 Vgl. JAEGER Das Führermuseum, KUBIN Sonderauftrag Linz.
8 Vgl. NICHOLAS Der Raub der Europa, S. 65.
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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Kolchosen, öffentlichen Einrichtungen, Staatsbetrieben und Organen der UdSSR“9. Die
Kommission beauftragte Kunsthistoriker und Museumsfachleute, eine Liste von Kunst- und
Kulturgegenständen zusammenzustellen, die sich als Äquivalente verlorener russischer
Kunstgegenstände anböten und daher geeignet sein könnten, russische Verluste zu kompensieren. Die von der staatlichen Kommission erarbeitete Liste umfaßte individuell genannte
Kunstwerke aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien und Italien. Es gab in der
Kommission Stimmen, die auf bestimmte Kulturgüter keinen Anspruch erheben wollten,
nämlich auf solche, die als deutsche Nationalkunstwerke gelten konnten. Insbesondere der
Kunsthistoriker V. Lazarev warb dafür, deutsche Sammlungen nicht auseinanderzureißen
und überhaupt die Anzahl der Abtransporte zu limitieren.
Die Kommission beschäftigte sich lange mit der Frage, auf welcher Basis der Wert eines
verlorenen Gemäldes oder zerstörten Bauwerks zu ermitteln sei. Beispielsweise wurde ein
Plan vorgelegt, nach dem ein Bild von hohem nationalen Wert wie ein Werk von Repin
1.425.000 amerikanische Dollar kosten sollte.10 In die Berechnungen gingen materielle Werte
(Material, Arbeitsleistung, Zeit zur Wiederbeschaffung) ebenso ein wie die symbolische
Bedeutung des Kunstwerks. Weitere Vorschläge legten westeuropäische Marktwerte zugrunde
oder auch den Wert eines Kunstwerks in Rußland vor 1917. Berechnungen dieser Art lieferten
Außenminister Molotov wichtiges Material in den Verhandlungen mit den Alliierten: Die
Sowjetunion ging davon aus, daß die anderen Siegermächte der UdSSR das Recht zu
Kompensationshandlungen und also zum Abtransport deutscher Kulturgüter zugestehen
würden.
Freilich wurden vielfach Nachweise angeblich russischer Herkunft bemüht, um das zu
rechtfertigen, was faktisch ein Kunstraub war. Überhaupt war die Entschädigung für Verluste
nur ein Teilmotiv der sowjetischen Kulturpolitik am Ende des Krieges. Die „Kompensation“
bot einen willkommenen Anlaß zu einer ideologisch motivierten Reorganisation der Kultur
und ihrer Institutionen insgesamt. An dem Plan, mit den erbeuteten Kunstgegenständen in
Moskau ein Trophäenmuseum zu Stalins Ehren11 einzurichten, wird erkennbar: An eine
Ergänzung der Bestände jener russischen Museen und Kunsteinrichtungen in der Provinz,
die die größten Opfer zu beklagen hatten, war gar nicht gedacht. Im Gegenteil, Stalin selbst

9 Vgl. AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, S. 33; AKINSCHA/KOSLOW/TOUSSAINT Operation Beutekunst,
S. 13.
10 Vgl. AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, S. 42; AKINSCHA/KOSLOW/TOUSSAINT Operation Beutekunst,
S. 15.
11 Vgl. AKINSCHA/KOSLOW/TOUSSAINT Operation Beutekunst, S. 16f.

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

befahl die Zerstörung genuin russischer Kulturtraditionen, wie sie sich besonders in Kirchen
und Klöstern manifestierten.12
Noch während des Krieges, seit 1943, begannen sowjetische Einheiten, Kunstgegen-stände
aus den besetzen Gebieten abzutransportieren.13 Nach dem Ende des Krieges übernahm diese
Aufgabe die „Trophäenverwaltung“ bei der Sowjetischen Militäradministration. In der
russischen Armee wurden spezielle „Trophäenbrigaden“ gebildet, die aus Kunst- und
Museumsexperten in Uniform bestanden. In einer mit militärischer Logik geplanten Operation
wurden bis 1952 insgesamt ca. 900.000 deutsche Kunstobjekte in die UdSSR abtransportiert.14
Das Moskauer Puškin-Museum, wohin ein großer Teil der „Beutekunst“ zunächst verbracht
wurde, war schließlich so überfüllt, daß einige Kulturgüter nach Kiev und Leningrad,
gelegentlich auch in die Provinzmuseen weitergeleitet werden mußten. Eine „Erfassungskommission“ wurde eingerichtet; aus Mangel an Arbeitskräften konnte sie freilich nur die
einfachste Form der Registrierung vornehmen.
Die Rückführung der sowjetischen Kulturgüter nach dem Ende des Krieges wurde von den
West-Alliierten einerseits und der Sowjetunion andererseits auf unterschiedliche Weise
durchgeführt. Die West-Alliierten erfaßten die Depots, in denen die von den Nationalsozialisten
geraubten Gegenstände aufbewahrt wurden, führten sie in Collecting Points zusammen und
leitete den Rücktransport in die Sowjetunion und andere Herkunftsländer ein.15 Auf diese
Weise gelangten von 1945 bis 1953 mehr als eine halbe Million Kunstobjekte in die Sowjetunion zurück.16 Die Übergaben durch die Collecting Points sind von russischen Offizieren
quittiert worden17 6 ein Umstand, den die Russen in den gegenwärtigen Verhandlungen um
die „Beutekunst“ häufig ignorieren. Über den Verbleib derjenigen Kunstgegenstände, die
sich in sowjetischem Besatzungsgebiet befanden, können amerikanische Dokumente indessen
keine Auskunft geben; die Rückführung im Osten nahm die Sowjetunion ohne Absprache
mit den West-Alliierten in die eigene Regie. So bleibt in vielen Fällen ungeklärt, welche
Kunstgegenstände aus Deutschland zurückgeführt wurden 6 und ob sie von Deutschland aus

12 Vgl. AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, S. 46/47.
13 Vgl. AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, S. 46ff. Vgl. dazu auch RITTER Die sowjetischen Trophäenkommissionen. Hier findet sich eine Auflistung der Abtransporte aus Deutschland. Ein Organigramm der
Trophäenbrigaden sowie die detaillierte Beschreibung ihrer Befehlsstrukturen befindet sich bei AKINSCHA/
KOSLOW/TOUSSAINT Operation Beutekunst, S. 23ff.
14 Vgl. LAMBSDORFF Die Rückführung deutscher Kulturgüter, S. 90.
15 Vgl. EICHWEDE/HARTUNG Sowjetische Kulturgutverluste, S. 234.
16 Vgl. KURTZ Nazi Contraband.
17 EICHWEDE/HARTUNG Sowjetische Kulturgutverluste, S. 235. Auch AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, S.
197.
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den Weg in die Herkunftsländer (z. B. Ukraine und Weißrußland) oder etwa nach Rußland
nahmen.
Die Rückgabe geraubter Kunstschätze nahm aber auch die Richtung von Osten nach Westen.
Schon in den 40er Jahren hatte die Sowjetunion vereinzelt Kulturgüter an die Museen der
sowjetischen Besatzungszone zurückgegeben. Zu Restitutionen im großen Stil kam es allerdings
erst in den 50er Jahren. 1955 wurden die Sammlungen der Dresdner Gemäldegalerie und
1958 (zum 10. Jahrestag der DDR) Bestände aus Berliner Museen und anderen Kultureinrichtungen zurückgeben. Auch die Gothaer Schloßbibliothek wurde (bis auf 6.000 Bücher)
vollständig restituiert.18
Die Aktionen der 50er Jahre waren jedoch nicht das letzte Kapitel in der bis heute unvollendeten Geschichte der „Beutekunst“.19 Was die Sowjetunion bis Anfang der 90er Jahre
verschwieg: in Geheimdepots bedeutender Museen lagerte weiterhin ein bedeutender Teil
der aus Deutschland entführten Kulturgüter. 20 Durch Zufall wurde ihre Existenz im Jahre
1991 von den Kunsthistorikern und Journalisten G. Kozlov und K. Akinsa bemerkt. Die
Veröffentlichung ihrer Entdeckungen21 rief ein internationales Echo hervor und machte die
„Beutekunst“ zum ersten Mal zu einem Gegenstand der deutsch-sowjetischen bzw. deutschrussischen Verhandlungen.
Die deutsche Verhandlungsseite rechnet nach zurückhaltenden Schätzungen insgesamt ca.
200 000 Kunstgegenstände, 2 Millionen Bücher und 3 km Archivmaterialien zur
„Beutekunst“.22 Die nachstehende Tabelle listet bedeutende Objekte der „Beutekunst“ auf.23
Mit der Zusammenstellung ist natürlich kein Anspruch auf Vollständigkeit verbunden; die
18 Von der Rückführung von Kunstwerken nach Deutschland waren Kulturinstitutionen der alten
Bundesrepublik ausgenommen. So kommt es, daß der gegenwärtige „Beutekunst“-Streit zumeist um solche
Objekte geführt wird, die aus westdeutschen Einrichtungen stammen.
19 Die Sowjetunion erklärte die Rückgabeaktionen zwar offiziell für abgeschlossen; es kam freilich bis in
die 80er Jahre hinein zu „stillen Rückführungen“ nach Dresden, Leipzig und Berlin.
20 AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, S. 203. Zur Strategie der Sowjetunion vgl. AKINSCHA/KOSLOW/TOUSSAINT
Operation Beutekunst, S. 50/51.
21 Ihre Forschungsergebnisse publizierten Akinša und Kozlov in einer Reihe von Artikeln in der amerikanischen Zeitschrift ARTnews. Vgl. AKINSHA/KOZLOV To Return or not to Return.
22 Bei den 200.000 Kunstgegenständen handelt es sich um Objekte, denen besondere Bedeutung beigemessen
wird; man geht davon aus, daß über 1 Million Objekte aus ehemals deutschem Besitz in Rußland aufbewahrt
werden. Die Schätzungen der Anzahl der vermißten Bücher müssen nach neueren
Untersuchungsergebnissen gegenüber früheren Annahmen deutlich nach oben korrigiert werden. Vgl.
dazu RITTER Kulturerbe als Beute?, S. 14: Ritter spricht von 4,6 Millionen vermißten Büchern.
23 Die in der Tabelle aufgelisteten Angaben sind außer den Protokollen der Fachgruppensitzungen den
folgenden Quellen entnommen: AKINSCHA/KOSLOW Beutekunst, AKINSCHA/KOSLOW/TOUSSAINT Operation
Beutekunst, Deutsche Beutebücher, HOCHFIELD Under a Russian Sofa, JENA/LENZ Rußland. Die deutschen
Sonderbestände, KOSTENEWITSCH Aus der Eremitage, Der Schatz aus Troia, A Catalogue,
LEHMANN/KOLASA Restitution von Bibliotheksgut, RITTER Kulturerbe als Beute?, SAHERWALA Troja
– Schliemann – Altertümer, SCHMIDT Die Verluste an deutschem Kulturgut.

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

Liste soll allerdings einen Eindruck von der sehr heterogenen Qualität der „Beutekunst“
vermitteln, deren öffentliche Wahrnehmung auf einige wenige herausragende Stücke (wie
z.B. den „Schatz des Priamos“) fokussiert ist.
Typ des Gegenstands

Beschreibung

Herkunftsort

jetziger Aufbewahrungsort

Gemälde

Werke der europäischen
Malerei des 14. bis 19.
Jahrhunderts u.a. von L.
Cranach d.Ä., Daumier,
Goya, Hans von Marées,
Willem van Mieris, Renoir, H. Terbruggen,
Tintoretto, Louise Elise
Vigée-Lebrun

öffentliche Sammlungen: Berlin, Dresden,
Gotha, Schwerin,
Berlin-Potsdamer
Schlösser, Schloßmuseum Gotha

Gemälde

Werke der europäischen
Malerei u.a. von G. Bassano, Canaletto, Carpaccio, Cézanne, Corot,
Courbet, Delacroix, Degas, van Dyck, van
Gogh, Goya, El Greco,
Guardi, Holbein, Lucas
van Leyden, Liebermann, Manet, Matisse,
Menzel, B. Murillo,
Rembrandt, Seurat, Tiepolo, Tintoretto,
Toulouse-Lautrec

deutsche PrivatsammEremitage
lungen (Koehler, Krebs,
Gerstenberg, Siemens,
Else von Goldhammer,
Quandt)

„Schatz des Priamos“

ca. 2300 v. Chr., u.a.
Museum für Vor- und
Goldgefäße und andere Frühgeschichte, Berlin
Gefäße, Schmuckstücke,
Plastiken, Keramik,
Bronzestücke

„Eberswalder Goldschatz“

ca. 900 v. Chr., Funde
aus der jüngeren Bronzezeit, 1913 geborgen;
acht ineinandergesteckte
Goldgefäße und 72
Schmuck- und Gebrauchsgegenstände aus
Gold

Berliner Museum für
Puškin-Museum
Vor- und Frühgeschichte, Sammlung alteuropäischer Altertümer

Kirchenfenster

Glasmalerei: spätgotischer Zyklus von 99
bleigefaßten Scheiben
aus der zweiten Hälfte
des 14. Jh.

Marienkirche Frankfurt/O.

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Puškin-Museum

Puškin-Museum, Eremitage

Eremitage

11

Typ des Gegenstands
Zeichnungen, Graphiken, Gemälde; u.a. die
sogenannte BaldinSammlung (362 Zeichnungen und Graphiken,
2 Gemälde)

Beschreibung

Herkunftsort

Werke u.a. von Bernini, Bremer Kunsthalle
Caravaggio, Carracci,
Corinth, Corot, Daumier, Delacroix, Dürer,
Friedrich, Goya, Huber,
Liebermann, Marées,
Menzel, Parmigianino,
Pontormo, Poussin,
Rembrandt, Rubens,
Tiepolo, van Dyck, van
Gogh, Veronese, Watteau

jetziger Aufbewahrungsort
Puškin-Museum, Eremitage

Zeichnungen, Goua101 Werke u.a. von De- Bremer Kunsthalle
chen, Ölbilder und Gra- lacroix, Dürer, Hans
phiken
Baldung Grien, Jordaens, Manet, Rubens,
Toulouse-Lautrec, Veronese

Deutsche Botschaft
Moskau

Graphiken und Zeichnungen

u.a. Werke von Dürer
und Menzel

russischer Privatbesitz
bzw. unbekannt

ostasiatische Kunstgegenstände

5.200 Objekte (ca. 90% Berliner Museum für
einer Sammlung ostOstasiatische Kunst
asiatischer Kunst): chin.
Seidenmalerei, chin.
und jap. Malerei, frühe
chin. Bronzen, Skulpturen, Lack- und Jadearbeiten, Nô-Kostüme

Kupferstichkabinett
Dresden (Sammlung
von August dem Starken)

Eremitage

Objekte aus dem Schloß Pläne, Graphiken, BüSanssouci
cher, Gemälde (O.
Achenbach)

Stiftung Schlösser und Architektur-Museum
Gärten Berlin-Branden- Moskau
burg

Silberobjekte

Silbergerät aus dem 17.
und 18. Jh.

deutsche Schloßmuseen, unbekannt
darunter Berlin,
Dresden-Moritzburg

Rüstkammer der Wartburg

16. Jh., insgesamt 850
Einzelstücke, u.a. Harnisch des Herzogs Johann Friedrich II. von
Sachsen-Gotha, ein
Werk von Kunz Lochner in Nürnberg um
1550

Stiftungseigentum

Plastiken

107 Bronzeplastiken des Bremer Sammlung Jant- unbekannt
Mittelalters
zen (Privatbesitz)

12

Historisches Museum,
Moskau (?)

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Typ des Gegenstands
Objekte aus dem Hause
Wettin

Beschreibung

Herkunftsort

Taufbecken von 1613
Haus Wettin (Privatbeaus Dresden, sächsische sitz)
Hofsilberkammer, barockes Tafelsilber, graphische Sammlung (ca.
80.000 Blätter), Kupferstichkabinett des sächs.
Königs Friedrich August II. (darunter C.D.
Friedrich)

jetziger Aufbewahrungsort
unbekannt

wertvolle Bibliotheksmittelalterliche Handbestände (ca. 1,5 Millio- schriften, Drucke der
nen Bände)
Gutenberg-Zeit; ca. 1
Mio. Einheiten von kulturgeschichtlicher Bedeutung (Inkunabeln,
Postinkunabeln, 720
Palaeographen, ca. 33
Bücher aus dem 16. Jh.,
ca. 500 Bücher aus dem
18. Jh., Bibliothek der
sächsischen Kurfürsten,
16. Jh., 2 GutenbergBibeln); 6.000 Bände
der Gothaer Bibliothek,
darunter eine Pergament
Luther-Bibel von 1541

Berliner Staatsbibliothek, Deutsches Buchund Schriftmuseum in
Leipzig, Sächsische
Landesbibliothek Dresden, Bremer Staats- und
Universitätsbibliothek,
Bibliothek der Hansestadt Lübeck, Gotha,
Dresdner Sammlung
Victor von Klemperer
(jüdisches Eigentum,
von NS beschlagnahmt),
historische Privatbibliotheken

überwiegend Russische
Staatsbibliothek, Historische Bibliothek Moskau, Bibliothek der Akademie der Wissenschaften, Nationalbibliothek
St. Petersburg

Archive

staatliche Archive von
Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,
Sachsen-Anhalt, Thüringen, Geheimes
Staatsarchiv Preußischer
Kulturbesitz; Kommunalarchive; Kirchenarchive; Privatarchive
(Firmen, Guts-, Familienarchive); Archive
wissenschaftlicher Einrichtungen

verschiedene Bibliotheken und Archive, überwiegend in Moskau und
St. Petersburg

a) Akten staatlicher und
kommunaler Provenienzstellen (Reichsministerium des Innern,
Reichssicherheitshauptamt, Waffen-SS, Polizei
in Auschwitz, Akten
verschiedener juristischer Behörden).
b) von den Nazis beschlagnahmte Papiere
von Juden, Freimaurern,
Kirchen, Emigranten
u.a.

wissenschaftliche Doku- Informationsmaterial zu Berliner Museen,
unbekannt
mentationen, Arbeitsden in den 50er Jahren Dresdner Gemäldegalematerialien
zurückgekehrten Kunst- rie
objekten

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Während der zwischen Deutschland und Rußland anhängige Streit um die „Beutekunst“ noch
weit von einer Beilegung entfernt ist, sind die Gespräche Deutschlands über die Rückführung
von kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern mit der Ukraine24, Georgien25 und erst kürzlich,
im Mai 1998, mit Armenien26 erfolgreich verlaufen. Auch von privater Seite wurden Kunstwerke zurückgegeben; das wohl bekannteste Beispiel sind die 101 Drucke und Zeichnungen,
die noch heute (mangels Ausfuhrgenehmigung!) in der deutschen Botschaft in Moskau lagern.27
Doch auch auf anderen Wegen gelangen Kunstwerke aus deutschem Besitz an ihren Herkunftsort zurück. Beispielsweise hat die Dresdner Gemäldegalerie im September 1997 vier Gemälde
aus ihren eigenen früheren Beständen angekauft; die Gemälde waren unter ungeklärten
Umständen auf den Kunstmarkt gelangt. Die Bremer Kunsthalle war mit einem Gerichtsverfahren in den USA erfolgreich: Bremen machte Eigentumsrechte an drei Zeichnungen
geltend, die auf dem amerikanischen Kunstmarkt aufgetaucht waren.28 Derzeit läuft ein weiteres
Verfahren in New York, bei dem es um Zeichnungen der Bremer Kunsthalle geht. In vielen
Fällen läßt sich nachweisen, daß ehemals in deutschem Besitz befindliche Kunstwerke, die
heute auf dem Kunstmarkt angeboten werden, zuvor in Rußland bzw. in einem anderen Land
der ehemaligen Sowjetunion aufgetaucht sind.
Noch immer ist der Verbleib vieler Kulturgegenstände, die während des Krieges oder nach
dessen Abschluß verlagert wurden, unbekannt. Doch seit Beginn der neunziger Jahre kehrt
die „Beutekunst“ allmählich in die Öffentlichkeit zurück. Das Problem des Kunstraubs wird
in gesamteuropäischer Perspektive29 wissenschaftlich erforscht30 , auf internationalen Tagungen
diskutiert31 und in Artikeln, Monographien und Zeitschriften32 behandelt. Der Initiative von
24 Vgl. Spoils of War 1 (1995), S. 42/43; Spoils of War 3 (1996), S. 63.
25 Vgl. Spoils of War 3 (1996), S. 53–58. Georgien führte im Jahr 1996 ca. 100.000 Bücher nach Deutschland
zurück.
26 Armenien gab große Bibliotheksbestände an Deutschland zurück.
27 HOCHFIELD Under a Russian Sofa.
28 Vgl. Spoils of War 1 (1995), S. 40/41 sowie die zahlreichen Presseberichte.
29 Einen gesamteuropäischen Überblick über die „Beutekunst“-Problematik geben HANIMANN/HOLM/LUDWIG
u.a. Die große Kunstentführung.
30 Die „Koordinierungsstelle der Länder“, zunächst in Bremen, seit 1997 in Magdeburg angesiedelt, dokumentiert und recherchiert deutsche Kulturgüterverluste in Rußland und anderen Ländern. Die Einrichtung
vertritt die Interessen der Bundesländer in den Verhandlungen und setzt durchaus eigene, nicht immer
mit der Bundesregierung übereinstimmende Akzente (vgl. LEMMERMEIER Die Koordinierungsstelle).
Die Koordinierungsstelle arbeitet eng mit der „Dokumentationsstelle des Bundesministeriums des Innern“
in Berlin zusammen. Seit 1992 erforscht die „Arbeitsgruppe sowjetische Kulturgüter“ unter der Leitung
von Professor Wolfgang Eichwede an der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen die
sowjetischen Kulturgüterverluste. Die Sowjetunion bzw. ihre Nachfolgerstaaten haben die eigenen Verluste
bisher nicht systematisch erforscht; es verwundert daher um so mehr, daß das russische bzw. ukrainische
Interesse an den Bremer Forschungsergebnissen sehr begrenzt ist.
31 Im November 1991 fand in Bremen ein internationales Seminar statt (vgl. OPPER/LEMMERMEIER Cultural
Treasures). Die unterschiedlichen Standpunkte der Deutschen und Russen wurden sodann auf dem

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

einzelnen russischen Politikern und Museumsfachleuten ist es zu verdanken, daß lange verloren
geglaubte Kunstwerke in Ausstellungen präsentiert werden konnten:



Im Jahr 1992/93 wurde die sog. „Baldin-Sammlung“ (Zeichnungen aus der Kunsthalle
Bremen) in St. Petersburg (Eremitage) und Moskau (Museum für angewandte Kunst und
Volkskunst) gezeigt.



Das Puškin-Museum präsentierte im Februar 1995 63 Hauptwerke der europäischen
Malerei des 14. bis 19. Jahrhunderts. Die Ausstellung fand im Zusammenhang mit der
50-Jahr-Feier des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland statt und trug den
provozierenden Titel „Zweimal gerettet“ 6 gerettet vor den Nazis im Krieg, gerettet aber
auch durch umfangreiche Restaurierungsarbeiten in den fünfziger Jahren. In derselben
Ausstellung wurden außerdem Sammlungen präsentiert, die die Deutschen ungarischen
Juden „abgekauft“ hatten. Diese Hintergründe blieben in der Ausstellung unerwähnt; ein
Katalog mit aufklärenden Hinweisen ist nicht erschienen.



Die Eremitage stellte im März 1995 Gemälde aus deutschen Privatsammlungen aus. Zu
dieser Ausstellung gab es erstmals einen Katalog, der die Geschichte der Kunstwerke
ausführlich rekonstruiert und sogar die deutschen Sammler nennt, in deren Besitz die
Kunstwerke vormals waren. Die Kunstwerke sind mit dem Ende der Ausstellung in die
ständig gezeigten Bestände der Eremitage übergegangen.



Im Herbst 1995 zeigte das Puškin-Museum 307 Zeichnungen aus der niederländischen
Sammlung Koenigs: „Fünf Jahrhunderte europäischer Zeichnungen“.33



Die wohl umstrittenste Ausstellung der „Beutekunst“ ist die Präsentation des SchliemannGoldes im Moskauer Puškin-Museum seit April 1996. Zu der Ausstellung ist ein Katalog

Symposium in New York deutlich, das vom 19.21.1.1995 vom „Bard Graduate Center for Studies in the
Decorative Arts“ durchgeführt wurde (vgl. LAMBSDORFF Die Rückführung deutscher Kulturgüter, S.
110 ff.; Spoils of War 0 (1995), S. 8/9; Spoils of War 3 (1996), S. 27–29; SIMPSON The Spoils of War).
1996 fanden internationale Konferenzen in Kiev und Brüssel statt. 1997 wurde das Problem der
„Beutekunst“ in europäischer Perspektive in Genf sowie in Minsk diskutiert (vgl. Spoils of War 2 (1996),
S. 54; Spoils of War 3 (1996), S. 33/34; Spoils of War 4 (1997), S. 56/57, 58/59).
32 Vgl. besonders die Zeitschrift Spoils of War, die regelmäßig die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet
der Restitution von im Krieg verlagerten Kulturgütern dokumentiert.
33 Die unterschiedlichen Ansprüche auf die Sammlung Koenigs vermitteln einen Eindruck von den
Schwierigkeiten, mit denen das Problem der „Beutekunst“ behaftet ist. Die Werke waren von den Deutschen
unter den Bedingungen des Besatzungsrechts von einem Rotterdamer Museum „erworben“ worden. Der
Katalog der russischen Ausstellung vertritt pikanterweise die Auffassung, Deutschland habe die Sammlung
damals rechtmäßig erworben. Weil Rußland inzwischen Beutestücke aus ehemals deutschem Besitz zu
russischem Eigentum erklärt hat, läßt sich nur mit einem solchen Kunstgriff der russische Anspruch auf
die Sammlung Koenigs begründen. Inzwischen hat Deutschland den vormals erhobenen Anspruch auf
die Sammlung Koenigs aufgeben; die Sammlung ist daher nicht mehr Gegenstand der deutsch-russischen
Verhandlungen.
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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in vier Sprachen erschienen. Verschiedene Begleitumstände machen diese Ausstellung
zu einem Politikum. Die Präsentation eines der bekanntesten Stücke der „Beutekunst“
weckte ein großes öffentliches Interesse, das die Russen auch geschickt zu vermarkten
wissen 6 ohne freilich den deutschen Ansprüchen in irgendeiner Weise Rechnung zu tragen.
Eine Kooperation mit dem Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte (aus dessen
Beständen das Schliemann-Gold stammt) lehnte Irina Antonova, die Direktorin des PuškinMuseums, ab. Der Direktor des Berliner Museums erhielt keine Möglichkeit, den deutschen
Standpunkt im Katalog der Ausstellung zu vertreten. Die Präsentation des SchliemannGoldes überdeckte zudem die auf Verständigung abzielende Ausstellung Moskau 6 Berlin

/ Berlin 6 Moskau. 1900–1950, die 1996/97 zeitgleich im Puškin-Museum gezeigt worden
war.



Von Dezember 1996 bis März 1997 schließlich präsentierte die Eremitage eine Ausstellung
mit dem Titel „Meisterwerke europäischer Zeichnungen aus deutschen Privatsammlungen“.34

3 Skizze der deutsch-russischen Verhandlungen über die „Beutekunst“
Anfang der 90er Jahre schien die Gelegenheit günstig, das Problem der „Beutekunst“ einer
raschen Lösung zuzuführen. Der Vertrag über Gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. November 1990 (damals noch von der Sowjetunion und Deutschland
unterzeichnet) steckte das Terrain ab, auf dem sich Deutsche und Russen rasch hätten
verständigen können. Im Artikel 16 des Nachbarschaftsvertrags wird vereinbart: „Die
Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken werden
sich für die Erhaltung der in ihrem Gebiet befindlichen Kulturgüter der anderen Seite einsetzen.
Sie stimmen darin überein, daß verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kunstschätze,
die sich auf ihrem Territorium befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger
zurückgegeben werden.“ Im Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über kulturelle Zusammenarbeit
vom 16. Dezember 1992 wurde die wechselseitige Verpflichtung bestätigt: „Die Vertragsparteien stimmen darin überein, daß verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter,
die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger
zurückgegeben werden.“ (Artikel 15).
34 Neben diesen großen, populären Ausstellungen mit Objekten der „Beutekunst“ hat es weitere, kleinere
Präsentationen gegeben, beispielsweise die Ausstellung deutscher „Beutebücher“ aus dem 16. und 17.
Jahrhundert in der Moskauer Bibliothek für ausländische Literatur (vgl. Deutsche Beutebücher).

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

Im Jahr 1993 nahmen Deutschland und Rußland Rückführungsverhandlungen auf. Zu Beginn
der offiziellen Gespräche zeigten sich beiden Seiten optimistisch, zu einer einvernehmlichen
Lösung zu gelangen. Die ersten, vorbereitenden Treffen deutscher und russischer Experten
gingen auf die Initiative des Sowjetischen Kulturfonds zurück. Mit dem „Dresdner Protokoll“
von Februar 1993 wurde schließlich offiziell vereinbart, eine „Gemischte Regierungskommission“ sowie vier Fachgruppen (zuständig für Museen und Sammlungen, Archive,
Bibliotheken, Rechtsfragen) einzurichten. Hier sollten die einzelnen Positionen unter Experten
besprochen und Verlustlisten ausgetauscht werden. Die deutsche Seite war in der Regierungskommission durch Vertreter der Bundes und der Länder sowie durch die vier deutschen CoVorsitzenden der Fachgruppen vertreten.
Die gemeinsamen Bemühungen, die historischen Hintergründe der Kunstraubzüge aufzuklären
und die Verluste auf beiden Seiten zu dokumentieren, hatten von Anfang an gegen ideologisch
motivierten Widerstand anzukämpfen. Irina Antonova etwa, Direktorin des Moskauer PuškinMuseums und Co-Vorsitzende der Fachgruppe Museen/Sammlungen, war an einer Verständigung nicht wirklich interessiert: Mit falschen Angaben über russische Depots hat sie
die Atmosphäre der Kooperation kalkuliert beschädigt. Ihr Vorschlag, Deutschland möge
russische Kunst auf dem internationalen Markt ankaufen und gegen deutsche Kunst in Rußland
eintauschen, war wenig geeignet, Sympathie bei den deutschen Verhandlungspartnern zu
wecken.
Die Verhandlungsverläufe waren in den einzelnen Gesprächsrunden freilich recht unterschiedlich. Besonders produktiv waren die Tagungen der Fachgruppe Bibliotheken: Hier
konnten sich Deutsche und Russen sogar einvernehmlich auf Lösungsvorschläge verständigen.35
Die deutschen Verhandlungsführer waren erkennbar bemüht, Informationen mit ihren russischen
Partnern auszutauschen und sogar in die russische Öffentlichkeit zu tragen.36 Bis auf einen
kleinen Rest konnte der Verbleib der „Beutekunst“-Bestände aus dem Bereich Bibliotheken
geklärt werden. Auf eine vollständige Registrierung wollte die Fachgruppe zunächst verzichten,
um so schnell als möglich für eine sachgemäße Lagerung der Bücher zu sorgen. Die Buchbestände wurden eingeteilt in solche, die nach Deutschland zurückkehren, solche, die in
Rußland verbleiben, und solche, die nach der Erstellung von Kopien beiden Ländern zur
Verfügung stehen sollten. Zwar war die deutsch-russische Kooperation auch in der Fachgruppe

35 Die im folgenden angeführten Informationen entstammen einem Interview, das die Autoren mit K.
Lehmann, dem Co-Vorsitzenden der Fachgruppe Bibliotheken, am 11.7.1997 führten, sowie aus den
Sitzungsprotokollen (unveröffentlicht).
36 Zu diesem Zweck wandte sich Lehmann direkt an den Kulturausschuß der Duma. Die Information der
russischen Öffentlichkeit durch Fernsehauftritte ist aus finanziellen Gründen gescheitert.
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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Bibliotheken nicht von Verstimmungen frei37; insgesamt vermitteln die Protokolle der
Bibliotheksgruppe allerdings den Eindruck einer guten Arbeitsatmosphäre, in der Pilotprojekte
zwischen einzelnen Bibliotheken abgesprochen38 und Perspektiven der zukünftigen Zusammenarbeit im Bibliotheksbereich entworfen werden konnten.39
Die im Vergleich mit anderen Fachgruppen positiven Ergebnisse der Bibliothekskommission
haben zum einen mit dem Verhandlungsgegenstand zu tun: Es ist leichter über größtenteils
reproduzierbare Buchbestände zu verhandeln als über einmalige Gemälde. Hinzu kommt,
daß die Besitzverhältnisse im Bibliotheksbereich viel übersichtlicher sind als im Bereich der
Kunst. Gleichwohl sind die Fortschritte der Fachgruppe Bibliotheken auch auf das Entgegenkommen der deutschen Verhandlungsseite zurückzuführen. Deutschland bot technische und
finanzielle Hilfe an und war bemüht, durch gemeinsame Projekte (wie Ausstellungen,
Buchspenden- oder Stipendienprogramme, Gründung eines Kulturfonds) eine Atmosphäre
des Vertrauens zu schaffen.
Die zunächst erfolgreich angelaufenen Gespräche in der Gemischten Regierungskommission
und den einzelnen Fachgruppen kamen alsbald ins Stocken; seit einiger Zeit tagen die
gemeinsamen Kommissionen überhaupt nicht mehr. Der Grund dafür ist nicht in den sachlichen
Problemen zu suchen, die die einzelnen Gesprächsrunden zu bewältigen haben; er liegt in
einer veränderten innenpolitischen Situation in Rußland begründet. Das durch ökonomische,
politische und soziale Krisen erschütterte Land sucht sich durch die Herstellung eines
nationalistischen Wertehorizonts zu stabilisieren; in diesem Kontext gewinnt die „Beutekunst“
eine Bedeutung für die Neubewertung der russischen Geschichte und für das nationale
Selbstverständnis.
Juristisch wird der Streit um die „Beutekunst“ über die Frage ausgetragen, ob die kriegsbedingte Verlagerung von Kunst- und Kulturgütern rechtmäßig gewesen sei.40 Nur unrechtmäßig verbrachte Kunstschätze nämlich erklären der Nachbarschaftsvertrag und das deutschrussische Kulturabkommen für restitutionspflichtig.
Um die Behauptung der Unrechtmäßigkeit des sowjetischen Kunstraubs am Ende des Zweiten
Weltkriegs zu stützen, beruft sich die Bundesregierung auf die Haager Landkriegsordnung

37 Verstimmungen rührten zum Beispiel daher, daß es trotz einer deutschen „Gegenleistung“ nicht zu der
vereinbarten Rückführung der Gothaer Bibliothek gekommen ist (vgl. AKINSHA/KOZLOV To Return or
not to Return, S. 156) oder die deutsche Seite nicht an einer Ausstellung deutscher historischer Bücher
aus dem Bestand der Russischen Staatsbibliothek beteiligt wurde.
38 Vgl. die Beiträge von E. Geneva und K.-D. Lehmann in „Spoils of War“ 3 (1996).
39 Vgl. LEHMANN/KOLASA Restitution von Bibliotheksgut.
40 Zu einer juristischen Diskussion der „Beutekunst“-Frage vgl. FIEDLER Internationaler Kulturgüterschutz,
FIEDLER Kulturgüter als Kriegsbeute?

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

(HLKO) vom 18. Oktober 1907. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bringt die HLKO eine
Entwicklung zum Abschluß, die darauf zielt, das Beuterecht des Kriegssiegers zu beschränken.
Durch die Jahrhunderte gehörte es zum Recht des Siegers, sich Kultur- und Kunstgegenstände
des Besiegten anzueignen, sogar die kulturelle Identität des Gegners auszulöschen. Die HLKO
schob nun dieser Willkür einen Riegel vor: Artikel 22 bestreitet ein „unbeschränktes Recht
[der Kriegführenden] in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes“; Artikel 47 untersagt
die Plünderung; Artikel 56 bezieht sich auf die „der Kunst und der Wissenschaft gewidmeten
Anstalten“ und fordert: „Jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung
von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und
Wissenschaft ist untersagt und soll geahndet werden.“ Es war insbesondere die russische
Kommission, bzw. der Jurist und Diplomat Frederic de Martens, der auf die Aufnahme dieses
letzten Artikels in den Vertrag drängte. Die zaristische Regierung unterschrieb die HLKO
im Jahr 1907.
Für die Bundesregierung stellt die HLKO die völkerrechtliche Grundlage der Restitutionsforderungen dar. Und sie beruft sich damit auf genau jenes Recht, das auch die Alliierten in
den Nürnberger Prozessen zur Geltung bringen wollten. Die russische Auslegung der Verträge
dagegen hat im Ergebnis zu jenem Gesetz geführt, das die „Beutekunst“ zu russischem
Eigentum erklärt.41 Das russische Parlament glaubte sich durch ein juristisches Gutachten
aus dem Jahre 1994 legitimiert, das von drei Professoren der Akademie der Wissenschaften
verfaßt, von der Akademie selbst freilich nie offiziell bestätigt worden war. 42 Dem Gutachten
zufolge ist Rußland durch die bilateralen Verträge mit Deutschland nur zur Rückgabe
„unrechtmäßig verbrachter“ Kulturgüter verpflichtet. Die nach dem Krieg aus Deutschland
verbrachten Kulturgüter befänden sich aber rechtmäßig in Rußland und könnten daher als
russisches Eigentum gelten.
Vertreter dieser Auffassung müssen natürlich bemüht sein, den Bezug auf die Haager
Landkriegsordnung zu vermeiden und statt dessen solche Verträge und juristische Instanzen
heranzuziehen, die die Wegnahme von Kulturgütern am Ende des Krieges hätten legitimieren
können. In diesem Sinne beruft sich die russische Seite auf (bislang nicht wissenschaftlich
gesicherte) Beschlüsse des Alliierten Kontrollrats; auf (freilich nicht mit Deutschland
abgeschlossene) Friedensverträge nach dem Zweiten Weltkrieg, deren Bestimmungen auf
Deutschland anwendbar seien, oder auf die bedingungslose Kapitulation Deutschlands vom
7./8. Mai 1945. Das Defizit dieser durchsichtigen Legitimationsanstrengungen ist es, daß
41 Vgl. dazu ausführlich Spoils of War 4 (1997). Hier findet sich der vom russischen Parlament verabschiedete
Gesetzestext in englischer Übersetzung zusammen mit mehreren Kommentaren.
42 Vgl. Gutachten.
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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der Bezug auf völkerrechtliche Standards preisgegeben wird. Derselbe Makel haftet auch
dem russischen Gesetz an, das die „Beutekunst“ zu russischem Eigentum erklärt: Das Gesetz
ignoriert den sogar in der russischen Verfassung festgeschriebenen Primat des Völkerrechts
vor den Bestimmungen des nationalen Rechts.
An der Gewichtung von nationalem russischen Recht und internationalem Recht entzündet
sich übrigens (vordergründig) auch der Streit zwischen dem Präsidenten sowie der von ihm
ernannten Regierung und dem Parlament. Im April 1994 hatte die Duma, die erste Kammer
des russischen Parlaments, erstmals gegen die vertraglich vereinbarte Rückführung deutscher
Kulturgüter gestimmt. Im März 1995 verabschiedete sie den Entwurf eines Gesetzes, welches
das Beutegut zu russischem Nationaleigentum machen sollte.43 Das Gesetz wurde am 5.7.1996
von der Duma gegen den heftigen Protest von El’cins Regierung verabschiedet. Überraschenderweise lehnte der Föderationsrat, die zweite Kammer des russischen Parlaments, das von
der Duma vorgelegte Gesetz zunächst mit 62 gegen 44 Stimmen ab; im März 1997 freilich
revidierte der Föderationsrat seine Meinung und bestätigte das Gesetz. Präsident El’cin
verweigerte seine Unterschrift unter die Gesetzesvorlagen des Parlaments; im April 1998
allerdings wurde er von dem (durch das Parlament angerufenen) Verfassungsgericht zur
Bestätigung des strittigen Textes gezwungen. El’cin hat sich nun seinerseits an das Verfassungsgericht gewandt, um die Übereinstimmung des Gesetzes mit der russischen Verfassung
überprüfen zu lassen. Die Entscheidung steht noch aus.
Die Bundesregierung insistiert auf der vertraglich vereinbarten Verpflichtung Rußlands, ehemals
in deutschem Besitz befindliche Kunst- und Kulturobjekte zu restituieren. Die Glaubwürdigkeit
Rußlands als internationaler Partner wird an der Art gemessen, wie die russische Regierung
ihren Verpflichtungen nachkommt. Die russische Position wird, anders als die deutsche, jedoch
weniger von juristischen als von moralischen bzw. historischen Argumenten bestimmt. Der
Schaden, den Kunstraub und Zerstörung der Nationalsozialisten der russischen Kultur zugefügt
haben, bildet in der russischen Einstellung den moralischen Bezugspunkt der Forderung, die
Rückgabe der „Beutekunst“ an Deutschland müsse von massiven Gegenleistungen begleitet
sein.
Die unvereinbaren Positionen sind allerdings nicht nur das Ergebnis einer unterschiedlichen
Bewertung derselben Tatsachen: Rußland blendet willkürlich den historischen Tatsachenhintergrund des „Beutekunst“-Problems dann aus, wenn er russische Ansprüche gerade nicht zu
43 Zwar sind alle Beschlüsse der Duma mit überwältigender Mehrheit zustande gekommen, doch zeigen
die Aufzeichnungen der Debatten (publiziert im Bulletin der Staatlichen Duma), daß es auch Volksvertreter
gibt, die eine Rückgabe an Deutschland befürworten.

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

belegen vermag. Einem derartigen selektiven Umgang mit historischen Fakten entspringt
beispielsweise die Behauptung, die deutschen Forderungen seien einseitig, insofern sie nur
Rußland die Restitution von im Krieg verlagerten Kulturgütern zumuteten. Hartnäckig wird
ignoriert, daß die von Deutschen geraubten Gegenstände von den Alliierten unmittelbar nach
dem Krieg zurückgeführt wurden44 und daß also die von Rußland erwartete Restitution nur
den zweite Teil eines zusammengehörigen, wenngleich zeitlich verschobenen Kulturgüteraustauschs bildet.45
Diese (vorsichtig ausgedrückt) Unstimmigkeiten in der offiziellen russischen Position können
nur mit Blick auf die innenpolitische Situation verständlich werden. Rußland durchläuft eine
Identitätskrise, die gegenwärtig alle Bereiche der Gesellschaft erfaßt. In einer Situation der
Desorientierung sollen nun nationale Werte die Orientierung des Handelns vorgeben. Auch
die Frage der „Beutekunst“ gerät in den Sog einer nationalistischen Politik, die die geraubten
Kulturgüter umstandslos als Kompensation verrechnet und dem russischen Volk als Eigentum
zuerkennt. Das Interesse an der Geschichte der „Beutekunst“ oder auch nur an der materiellen
Sicherung ihres Bestandes geht in dieser neuerlichen Indienststellung der Kultur für fragwürdige
politische Zwecke verloren.
Die nationalistische Wende im Umgang mit der „Beutekunst“-Frage läßt sich auch an der
veröffentlichten Meinung ablesen. Russische Zeitungen beschäftigen sich regelmäßig mit diesem
Thema. Noch zu Beginn der 90er Jahre plädierten eine Vielzahl von Artikeln (so z.B. in den
Izvestija) für die Öffnung der Depots und die Rückgabe der Kunst; seit Mitte der 90er Jahre
wird das „Kompensations“-Argument offensiv vertreten. Inzwischen prägen die nationalistischen Stimmen das Bild, das Rußland dem Westen bietet. Irina Antonova, die einflußreiche
Direktorin des Moskauer Puškin-Museums, beharrt auf dem „Recht“ Rußlands auf die
Kulturgüter; andererseits erklärt sie die „Beutekunst“ zum Weltkulturerbe 6 und zieht daraus
den Schluß, als gemeinsames Eigentum der Menschheit könne die Kunst auch in Moskau
verbleiben.46 Für Aleksander Sevast’janov, ein Mitglied der Assoziation von Bibliotheken,

44 EICHWEDE/HARTUNG Sowjetische Kulturgutverluste.
45 In der Gemeinsamen Regierungskommission hat Rußland ca. 40.000 vermißte Kulturobjekte zum
Gegenstand der Verhandlungen gemacht. Die deutsche Seite nimmt an, daß die allermeisten dieser Objekte
entweder in Kriegshandlungen zerstört oder durch die Alliierten zurückgegeben wurden. Es gibt allerdings
Gründe dafür, sich zu fragen, ob wirklich alle erhaltenen russischen Kulturgüter restituiert worden sind.
In der Tat ist es auffällig, daß gerade besonders wertvolle Werke auf den amerikanischen Listen der
Alliierten-Rückgaben an die UdSSR fehlen (vgl. EICHWEDE/HARTUNG Sowjetische Kulturgutverluste,
S. 237). Daß kürzlich Objekte aus dem zerstört geglaubten Bernsteinzimmer in Deutschland aufgetaucht
sind (und andere Objekte aus ehemals russischem oder deutschem Besitz die Öffentlichkeit des Kunstmarkts
erreichen), bietet der russischen Seite natürlich Ansatzpunkte für ihre Verhandlungsstrategie.
46 Vgl. ANTONOVA My nekomu neþego ne dolåny.
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Museen und Archiven, wäre eine Restitution der „Beutekunst“ gleichbedeutend mit einem
„dritten Raub“, den Rußland nach den Raubzügen der Bol’ševiki und der Nationalsozialisten
nun durch die Deutschen erleide.47 Zum rechten Lager sind auch zahlreiche weitere Intellektuelle zu zählen, die sich 6 mit Erfolg 6 gegen die Rückgabe der Gothaer Bibliothek gewandt
hatten.48 Eine 1997 von der Zeitung Moskovskij Komsomolec durchgeführte Umfrage bestätigt
den nationalistischen Trend: 80% der Befragten sprachen sich gegen eine Rückführung der
„Beutekunst“ nach Deutschland aus, nur 16% befürworteten die Restitution.49
Freilich werden in Rußland auch moderatere Positionen vertreten. Der Kunsthistoriker Aleksej
Rastorguev hatte sich als erster für eine liberale Lösung des „Beutekunst“-Problems eingesetzt

6 auch wenn er deutsche Gegenleistungen erwartete. Verschiedene Intellektuelle sprachen
sich für die Öffnung der Depots und die Rückgabe der Kunstwerke an Deutschland aus. 50
Michail Piotrovskij, der Direktor der Eremitage in St. Petersburg, befürwortete (ohne Erfolg)
die Rückgabe von Gemälden aus der privaten Sammlung Gerstenberg.51 Mark Boguslavskij
wurde von seinen Aufgaben als Co-Vorsitzender der Fachgruppe Recht im Rahmen der
„Beutekunst“-Verhandlungen entbunden: Er wollte sich dem Gutachten seiner Kollegen von
der Akademie der Wissenschaften nicht anschließen und bestand auf dem Primat des
Völkerrechts vor der nationalen Gesetzgebung Rußlands.52 Diese Überlegung motivierte
Boguslavskij dazu, für eine Rückgabe jener Objekte zu plädieren, die durch völkerrechtswidrige
Plünderungen nach Rußland gelangt waren.
Nimmt man die in der kulturpolitischen Öffentlichkeit Deutschlands vertretenen Positionen
zur Kenntnis, so lassen sich zwei Typen von Reaktionen auf den nationalistischen Trend in
Rußland feststellen: Während verschiedene Politiker und Kulturfachleute eine noch kompromißlosere Position als die Bundesregierung vertreten, mehren sich andererseits die Stimmen,
die dafür plädieren, andere als nur juristische Überlegungen in die Verhandlungen mit Rußland
einzubeziehen und mit Entgegenkommen und Verständnis auf russische Anliegen zu reagieren.
Werner Schmidt, der ehemalige Direktor der Dresdner Gemäldegalerie und Co-Vorsitzender
der Fachgruppe Museen/Sammlungen, gehört zu den Hardlinern, die bei der Bundesregierung
Gehör finden. Schmidt fordert die bedingungslose Rückgabe der „Beutekunst“.53 Für jene
47 Vgl. SEVAST’JANOV Bol’še, þem trofei.
48 Vgl. den Brief von 92 Intellektuellen und Wissenschaftlern in der Pravda (IVANOV/KUDRJAVCEV/LAZAREV
u.a. Delo ostalos’ za plombirovannym vagonom, S. 1). Vgl. ANTIPOVA/KUDRJAVCEV u.a. Tišajšij bunt,
S. 14/15.
49 Vgl. VOLKOVA Komu rešat’.
50 Vgl. JAMŠýIKOV/LICHAýOV/RASTORGUEV u.a. Kunstschätze als geheime Verschlußsache.
51 Vgl. DECKER A worldwide treasure hunt, S. 130.
52 Vgl. BOGUSLAVSKIJ u.a. Gotskaja biblioteka, BOGUSLAVSKIJ S toþki zrenija prava.
53 Vgl. SCHMIDT Die Verluste an deutschem Kulturgut.

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

russischen Stimmungen, die vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen wenigstens
nachvollziehbar werden, vermag sich Schmidt nicht zu sensibilisieren: er hält die russischen
Verluste im Zweiten Weltkrieg für weniger gravierend, als von den Russen unterstellt wird;
auch in kunsthistorischer Perspektive sei der Schaden, den die russische Kultur genommen
habe, weniger bedeutend im Vergleich zu den deutschen Verlusten.54 Auch Wilfried Menghin,
Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin, fordert das Ende der Zurückhaltung gegenüber Rußland und die vollständige Restitution.55 Doch auch unter den Museumsfachleuten gibt es Verständnis für Rußland. So schlägt Klaus Goldmann, Oberkustos des
Museums für Vor- und Frühgeschichte, Hilfe für Rußland bei der Rekonstruktion des
Bernsteinzimmers vor und mahnt die weitere Suche nach verschollenen russischen Kunstwerken
an. In einem ähnlichen Sinne argumentiert auch Jörn Merkert, Direktor der Berlinischen Galerie.
Merkert sieht bislang ungenutzte Potentiale der Verständigung in gemeinsamer Kulturarbeit
und verweist auf die gelungene deutsch-russische Kooperation im Rahmen der Ausstellung
Moskau 6 Berlin / Berlin 6 Moskau. 1900–1950.56 Überhaupt mehren sich die Stimmen, die
dafür plädieren, jenen russischen Ansprüchen entgegenzukommen, die nicht in der Sprache
des Rechts formuliert sind und in ihr vielleicht auch gar nicht formuliert werden können.
4 Ein europäischer Vorschlag zu einem deutsch-russischen Streit
In den vergangenen Jahren ist eine Fülle von Vorschlägen zur Diskussion gestellt worden,
die darauf abzielten, den festgefahrenen „Beutekunst“-Streit wieder in Bewegung zu bringen.
Wir präsentieren zunächst einen Überblick über die verschiedenen Typen von Überlegungen.
Ihnen entnehmen wir sodann einen Katalog von Mindeststandards, an denen sich ernstzunehmende Lösungsvorschläge orientieren müssen. Auf dieser Basis wollen wir schließlich
für ein Modell plädieren, das die verschiedenen Dimensionen der „Beutekunst“-Problematik
in der Frage nach dem politischen und kulturellen Selbstverständnis Deutschlands und Rußlands
zusammenführt. In dem Maß, wie der europäische Charakter der strittigen Kulturgüter
hervortritt, wird es Deutschen und Russen leichter fallen, auf nationale Eigentumsansprüche
zu verzichten.

54 So äußerte sich Schmidt in einem Interview mit den Autoren im August 1996. Waldemar Ritter, ein
Vertreter des Bundesministeriums des Innern, hat sich das Schmidtsche Argument zu eigen gemacht
(vgl. RITTER Die sowjetischen Trophäenkommissionen, Anm. 2).
55 Vgl. MENGHIN „Das Gold gehört uns“.
56 Vgl. GOLDMANN u.a. „Wir sollten jede Chance beherzt wahrnehmen“.
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Beharren auf dem Rechtsstandpunkt
Die Chancen, gleich nach Abschluß des Nachbarschaftsvertrags im Jahr 1990 und dessen
Bestätigung im Deutsch-Russischen Kulturabkommen von 1992 zu einer Einigung zu kommen,
waren ungleich besser als heute. Die russische Seite schien auf ein kleines Entgegenkommen
der Bundesregierung nur zu warten, um die Rückführung der Kulturgüter in die Wege zu
leiten. Wir hätten nichts verloren, wenn wir die moralische Verantwortung Deutschlands für
die schwere Beschädigung der russischen Kultur noch einmal bekräftigt und Hilfe beim
Wiederaufbau geleistet hätten. Daß die Regierung zu einer solchen Geste nicht bereit war
und sich statt dessen auf den Rechtsstandpunkt zurückzog, das paßt schlecht zu der
Großzügigkeit, die Deutschland ansonsten auf wirtschaftlichem und humanitärem Gebiet
Rußland gegenüber demonstriert hat. Es entstünde wirklich ein falscher Eindruck, wenn man
das Scheitern der Verhandlungen der Bundesregierung in die Schuhe schöbe. Doch so legitim
die Ansprüche der deutschen Verhandlungsseite sein mögen: Die politische Misere, aus der
heraus die Verweigerungshaltung der Russen wenigstens nachvollziehbar wird, ist ein Faktor,
mit dem in der Frage der „Beutekunst“ zu rechnen ist. Das Insistieren der Bundesregierung
auf völkerrechtlich gültigen Verträgen ist nicht das Problem in den Verhandlungen 6 aber
es ist offensichtlich und bis auf weiteres auch nicht die Lösung.
Stiftungsmodelle
Völkerrechtliche Argumente allein führen aus der Sackgasse der Verhandlungen nicht mehr
heraus. Diese Einsicht hat eine ganze Reihe von Vorschlägen motiviert, die für die Einrichtung
einer Stiftung plädieren. Gemeinsam ist diesen Vorschlägen der Gedanke, daß eine Stiftung
die „Beutekunst“ bis zum Zeitpunkt einer endgültigen Einigung pflegen und darüber hinaus
das Feld einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Russen bestellen
könnte. Den Horizont für eine solche Lösung hat der Journalist Peter Bender mit der Idee
eines „deutsch-russisches Gemeinschaftswerks“ skizziert:57 Es soll dem Umstand Rechnung
tragen, daß es sich bei den strittigen Kunstwerken um „europäische Kunst“ handelt, die sich
in nationalstaatlichen Grenzen nicht einschließen läßt. Klaus Lehmann, Leiter der Deutschen
Bibliothek und Co-Vorsitzender der Bibliothekskommission in den deutsch-russischen
Verhandlungen, hat schon sehr früh (1991/1992) eine Stiftung angeregt.58 Sie hätte mit etwa

57 Vgl. BENDER Die Versöhnung muß Vorrang haben.
58 Die Informationen stammen aus einem am 11.7.1997 geführten Interview.

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120 Mio. DM aus Mitteln des Bundes zu dem Zweck eingerichtet werden sollen, russische
Kulturinstitutionen zu unterstützen. Daß derartige Anregungen bei den Russen durchaus positiv
aufgenommen wurden, bestätigt Ulrich Roloff-Momin, der frühere Kultursenator Berlins.59
Seinen Entwurf, demzufolge eine paritätisch besetzte und gemeinsam finanzierte Stiftung
unter Mitwirkung der UNESCO die Kunstwerke katalogisieren, restaurieren, aufbewahren
und ausstellen sollte, hat Roloff-Momin 1995 mit Michail Svydkoj, dem damaligen stellvertretenden russischen Kulturminister diskutiert.60 Weitere Gespräche scheiterten an der
eindeutigen Ablehnung der Bundesregierung. Einen weiteren Schritt der Präzisierung
unternimmt der Vorschlag von Friedrich Wilhelm Christians, dem Aufsichtsratsvorsitzenden
der Deutschen Bank.61 Eine Kulturstiftung solle vertraglich eingerichtet und durch die
Parlamente beider Länder bestätigt werden. Hauptaufgabe der Stiftung sei die „treuhänderische
Ausübung des Eigentums an den in Rede stehenden Kunstwerken“ unter der Schirmherrschaft
der UNESCO. Für die Pflege und Ausstellung der Kunstgegenstände sieht der Vorschlag
die Einrichtung zweier „Beutekunst“-Museen in Berlin und Moskau vor. Christians hält eine
starke private Beteiligung an der Finanzierung des Projekts für möglich.62 Im Rahmen einer
Stiftung ließe sich vielleicht auch ein Austausch von Kulturgütern nach dem Vorbild des
Abkommens zwischen Liechtenstein und Rußland vereinbaren.63 Rußland führte die nach
dem Zweiten Weltkrieg abtransportierten Archive nach Liechtenstein zurück; im Gegenzug
überreichte Liechtenstein für die jüngere Geschichte Rußlands bedeutsame Dokumente, die
auf dem Kunstmarkt erworben worden waren.
Einrichtung eines „Kulturwerks“
Während die Stiftungsmodelle Vorschläge für den Umgang mit den umstrittenen Gegenständen
der „Beutekunst“ machen, hat das von Wolfgang Eichwede ersonnene Projekt einen erweiterten
Fokus:64 Der Leiter der Forschungsstelle Osteuropa an der Bremer Universität will die

59 Informationen aus einem Interview mit den Autoren am 3.4.1998.
60 Zu Svydkojs Position vgl. SVYDKOJ Die Kunst darf nicht zur Geisel werden.
61 Vgl. CHRISTIANS Konzeption einer russisch-deutschen Kulturstiftung. Vgl. dazu den kritischen Artikel
von KIPPHOFF Zum ewigen Unfrieden.
62 Mit anderen Akzenten haben zum Beispiel auch Hans Zehetmair, Kulturminister Bayerns, und Antje
Vollmer, Vizepräsidentin des Bundestags, für eine Stiftung plädiert.
63 Damit ist freilich nicht gemeint, daß die Regierung in Deutschland auftauchende russische
Kulturgegenstände (wie etwa Teile des Bernsteinzimmers) als Verhandlungsmasse einsetzen solle. Diese
Kulturgüter müssen im Gegenteil unverzüglich und ohne Verhandlungen nach Rußland zurückgeführt
werden.
64 Vgl. EICHWEDE Deutsch-russische Irritationen, EICHWEDE Zu Lösungsstrategien.
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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Rückgabe der „Beutekunst“ auf der Basis bestehender Verträge mit der Einrichtung eines
„Kulturwerks“ verbinden, das die Aufgabe hätte, die von Deutschen zerstörten Kulturdenkmäler
in russisch-deutscher Kooperation von Restauratoren, Architekten und Künstlern wiederaufzubauen. Mit diesem Vorschlag bringt Eichwede über den kleinen Ausschnitt der „Beutekunst“
hinaus die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland insgesamt wieder
in den Blick.
Direktverhandlungen auf Museumsebene
Überhaupt kommt aus Bremen eine ganze Reihe kreativer Lösungsansätze. Vielversprechend
sind nämlich auch die Verhandlungen zwischen dem Bremer Kunstverein und der Petersburger
Eremitage gewesen, in der Bremer Bestände gelagert sind. Das „Bremer Protokoll“65 setzt
ganz auf direkte Verhandlungen zwischen den betroffenen Kulturinstitutionen 6 unter
Umgehung zwischenstaatlicher Kanäle. Die Chancen für eine Einigung schienen in diesem
Verhandlungsrahmen außerordentlich groß. Der Anreiz für die Russen, die Kunstwerke aus
dem Besitz der Eremitage in die Bremer Museen zurückzuführen, bestand in der von Bremen
in Aussicht gestellten technischen und finanziellen Hilfe, unter anderem bei den Restaurierungsarbeiten in Novgorod. Zudem sollten einige Zeichnungen auf Dauer in Petersburg verbleiben.
Die Bundesregierung hat die Bremer Initiative wenig goutiert und mit diplomatischem Druck
auf die russische Seite unterbunden.
Problemlösung auf supranationaler Ebene
Während das Bremer Protokoll die auf zwischenstaatlicher Ebene festgefrorenen Verhandlungen durch kommunale Energien wieder auftauen will, weisen andere Vorschläge in die
entgegengesetzte Richtung. Schon die Stiftungsvorschläge von Roloff-Momin und Christians
planen die Mitwirkung der UNESCO an der deutsch-russischen Problemlösung mit ein. In
diesem Sinne argumentiert auch Niels Kadritzke:66 Er will einer supranationalen Autorität
die Entscheidung darüber überlassen, welche Objekte an welchen Ort gehören. Der Vorschlag,
eine entsprechend beauftragte Clearing-Stelle der UNESCO einzurichten, zieht die Konsequenz
aus der mehr als nur nationalen Bedeutung, die der „Beutekunst“ zukommt.

65 Die Informationen zum „Bremer Protokoll“ stammen aus Gesprächen mit Vertretern des Bremer
Kunstvereins.
66 Vgl. KADRITZKE Zur Sache, Schätze.

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

An klugen Köpfen und guten Ideen ist offensichtlich kein Mangel. Daß gleichwohl die
Angelegenheit der „Beutekunst“ nun schon seit Jahren in totem Wasser treibt, hat mehrere
Ursachen. Zunächst muß man feststellen, daß es trotz der oben skizzierten Fülle der Anregungen doch keine öffentliche Strategiediskussion gibt. Die Länder, denen ja die Kulturhoheit
zufällt, haben sich nicht vernehmlich genug eingemischt; von den privaten Eigentümern der
„Beutekunst“ ist öffentlich gar nichts zu hören. Dazu kommt, daß das Thema der „Beutekunst“
beinahe nur im Zusammenhang mit tagespolitischen Ereignissen zu einem breiten Publikum
dringt. Da sich auch die Parteien des Themas nicht angenommen haben, bleibt das Feld der
„Beutekunst“ der Bundesregierung allein überlassen: ohne öffentliche Diskussion fällt ihr
das Definitionsmonopol hinsichtlich der Frage zu, wie eine gute Lösung des Problems
beschaffen sein muß. Die Antworten, die die Regierung bisher geboten hat, waren weder
erfolgreich noch besonders einfallsreich. Daher bedarf der Streit um die „Beutekunst“ einer
neu angestoßenen, breiten Diskussion, in der auch die bislang vernachlässigten Aspekte des
Problems verhandelt werden.
Materielle Sicherung der Kunstwerke
Dringlichstes (und einer Einigung vielleicht zugänglichstes) Problem ist die materielle Sicherung
des Kunstbestandes. Aus Geldmangel wird eine fachgemäße Lagerung, Restaurierung und
Katalogisierung der Kunstgegenstände in Rußland vielfach nicht erbracht. Häufig werden
Bestandteile der „Beutekunst“ zur Sanierung von Haushaltsdefiziten auf den Kunstmarkt
geworfen. Schon aus diesem Grund ist die Strategie der Bundesregierung nicht akzeptabel:
Sie hat offensichtlich vor, das Problem auszusitzen, bis die Russen zu Vernunft und Rechtsstandpunkt zurückkehren. Wer wünschte sich nicht, daß die Russen ihre Position völkerrechtlich überdächten? Doch die Zeit drängt, das Problem läßt sich nicht auf die nächste Generation
verschieben. Die Lösung muß rasch kommen 6 solange die „Beutekunst“ noch möglicher
Gegenstand von Verhandlungen ist.
Völkerrechtliche Standards
Juristische Argumente alleine, so überzeugend sie für sich genommen sein mögen, helfen nicht
weiter. Diese Tatsache muß man unaufgeregt zur Kenntnis nehmen dürfen. Doch darf die
Macht der materiellen Umstände andererseits völkerrechtliche Gesichtspunkte nicht einfach
aus dem Blickfeld drängen: Ernstgemeinte Lösungsvorschläge dürfen die Standards nicht
unterbieten, die sich aus dem Nachbarschaftsvertrag von 1990 und aus der Haager
Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

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Landkriegsordnung von 1907 (Schutz von Kulturgütern in Kriegszeiten) ergeben. Die
Herausforderung besteht daher darin, die friedensstiftende Funktion des Rechts unter den
derzeit obwaltenden ungünstigen Umstände zur Geltung zu bringen.
Historische Verantwortung
Daß „Politik mehr sein muß als die Durchsetzung von Rechtsansprüchen“67, ergibt sich aus
der geschichtlichen Dimension des „Beutekunst“-Problems. Russische Argumente weisen
immer wieder auf die immensen Verluste an Menschen und kultureller Substanz hin, die
Rußland durch deutsche Hand im Krieg erlitten hat. Nun läßt sich zwar Unrecht durch erneutes
Unrecht nicht ausgleichen. Auch ist das von Russen immer wieder vorgebrachte
„Kompensations“-Argument völkerrechtlich nicht gedeckt. Doch wer ausschließlich juristisch
argumentiert, entzieht sich seiner geschichtlichen Verantwortung. Es muß dann auf russischer
Seite der Eindruck entstehen, als instrumentierten die Deutschen das Recht zur Abwehr von
leicht nachvollziehbaren und verständlichen, aber eben juristisch nicht einklagbaren oder
durchsetzbaren Ansprüchen.68 Anders formuliert: Das Völkerrecht allein ist zur Bearbeitung
der durch die „Beutekunst“ anfallenden Problemmasse nicht geeignet. Auch völkerrechtlich
bindende Verträge sind als Basis für eine Lösung des Problems zu schmal. Positiv gewendet
heißt das: Die Beilegung des Konflikts muß so geschehen, daß für Russen gar nicht erst der
Verdacht entstehen kann, die Lösung des Problems sei nur eine weitere Episode in einer
geschichtlichen Abfolge von (militärischen, ideologischen, wirtschaftlichen, politischen)
Niederlagen und Demütigungen.
Die politische Dimension
Daß die „Beutekunst“-Problematik eine politische Dimension besitzt, wollte bisher kaum
jemand in Deutschland so recht zur Kenntnis nehmen. Doch an der Art, wie wir Deutschen
das sensible Thema anfassen, entscheidet sich unter anderem, in welcher Weise wir Verantwortung für nationalsozialistisches Unrecht übernehmen und wie wir von unseren russischen

67 BENDER Die Versöhnung muß Vorrang haben.
68 Kadritzke hat das zynische Kalkül offengelegt, das man einem solchen Gedankengang unterstellen könnte:
Nachdem Deutschland die Reparationszahlungen an den ehemaligen Kriegsgegner erspart geblieben sind,
schrumpft es nun in eine „Opferrolle“ hinein und kann sich auf genau das Recht berufen, das es selbst
mißachtet hat (vgl. KADRITZKE Zur Sache, Schätze). In den Augen der Russen kann es dann so scheinen,
als würde sich der Täter mit Erfolg auf das Recht berufen, während dem Opfer der rechtmäßige Ausgleich
seines Schadens verwehrt bleibt.

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

Partnern wahrgenommen möchte. Das Thema berührt unser kulturelles und politisches
Selbstverständnis. Gehört die „Beutekunst“ den Deutschen, insofern sich in ihr ein Teil der
deutschen Identität manifestiert? Reklamieren wir sie als Teil unserer kulturellen Substanz
für uns (und entziehen sie auf diese Weise den anderen)? Oder räumen wir ein, daß die
„Beutekunst“ Russen, Deutschen und Europäern insgesamt zugehört 6 und tun einen Schritt
über die Grenzen des Nationalstaats hinaus? Sind wir als Deutsche unterwegs nach Europa?
Über diese Frage ist noch längst nicht entschieden, doch wird an ihr immerhin schon klar,
daß sich die „Beutekunst“ als Exklusivthema für juristische Experten und Verwaltungsfachleute
nicht eignet. Wer die Bedeutung der „Beutekunst“ für das politische Selbstverständnis in
Rechnung stellt, der mag sich aber auch mit wohlintentionierten Vorschlägen nicht anfreunden,
die die Entscheidung über die „Beutekunst“ einer supranationalen Autorität überantworten
wollen.69 Wir müssen selbst entscheiden! In derselben Perspektive wird übrigens auch klar,
daß ein nobler Verzicht auf die „Beutekunst“70 nur die zweit- oder drittbeste Lösung sein
kann. Auf diese Weise würden zusammen mit dem Problem der „Beutekunst“ auch gleich
jene Chancen für eine europäische Selbstverständigung eliminiert, die in einem politischen
Umgang mit dem Problem liegen. Jeder Strategievorschlag muß sich daher an der Frage
bewähren: Wie halten wir's mit Europa?
Um die festgefahrene „Beutekunst“-Diskussion wieder in Schwung zu bringen, machen wir
daher folgenden Vorschlag:
1. Deutsche und Russen mögen überein kommen, auf ihre konkurrierenden Besitzansprüche
bezüglich der „Beutekunst“ zu verzichten und sie als Bestandteil eines gemeinsamen
europäischen Kulturerbes einer deutsch-russischen Stiftung anzuvertrauen. Mit einem
solchen Zug wäre eine Ebene der Verhandlungen etabliert, auf der sich der Buchstabe
der Freundschaftsverträge mit einem wahrhaft europäischen Geist erfüllen und der in den
Kunstwerken angelegte europäische Anspruch jenseits nationaler Borniertheiten zur
Geltung bringen ließe.
2. Die „Beutekunst“ könnte dann in den Besitz einer zu gründenden Stiftung übergehen.
Aufgabe der Stiftung wäre es, die Kunstwerke in ihrem materiellen Bestand zu erhalten
und nach kunsthistorischen bzw. kulturpolitischen Kriterien der europäischen Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Unter dem Schirm einer institutionalisierten Gemeinsamkeit würden
partnerschaftliche Projekte eine realistische Chance haben. Gemeinsam durchgeführte

69 Vgl. KADRITZKE Zur Sache, Schätze.
70 Ein Eigentumsverzicht wurde vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt vorgeschlagen.
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Dokumentationen und Publikationen, eine Präsentation der Geschichte der „Beutekunst“,
Wanderausstellungen, Dauerleihgaben, Austausch von Künstlern und Kunstwerken,
kooperative Restaurierung, Ausbildung usw. würden die Idee der Verständigung für die
an ihr beteiligten Deutschen und Russen zu einer europäischen Realität machen.
3. Im erneuerten Bewußtsein eines gemeinsamen kulturellen Erbes könnten Russen und
Deutsche unter internationaler Beteiligung die Gespräche in der Gemischten Regierungskommission sowie den gemeinsamen Fachgruppen für Museen/Sammlungen, Archive,
Bibliotheken und Rechtsfragen wieder aufnehmen. Ziel der Gespräche müßte es unter
anderem sein, sich in jedem konkreten Einzelfall darüber Klarheit zu verschaffen, welche
Bedeutung ein kulturelles Objekt oder Kunstwerk für welche kulturelle Identität hat, 6
und aus den entsprechenden Erkenntnissen auch praktische Konsequenzen abzuleiten.
Hat man sich etwa die länderübergreifende Bedeutung des „Schatzes des Priamos“
verständlich gemacht, liegt es nahe, ihn prinzipiell einem europäischen Publikum zugänglich
zu machen; umgekehrt ist es sinnlos, Archive und Bibliotheksbestände von regionaler
Bedeutung in Rußland aufzubewahren 6 sie würden nach Deutschland zurückgeführt.
Ein solcher Vorschlag zieht entschlossen die Konsequenz aus den oben beschriebenen
Mindeststandards einer gelungenen Lösung des Konflikts: Er macht erstens die „Beutekunst“
zur Frage einer über die Grenzen des Nationalstaats hinausweisenden politischen und kulturellen
Identität. Der auf eine derartige Selbstverständigung hin angelegte Vorschlag will zweitens
eine Lehre aus der Geschichte ziehen, die in der „Beutekunst“ anschaulich wird. Die
„Beutekunst“ verpflichtet Deutsche und Russen gleichermaßen, jene nationalistischen
Einstellungen zu überwinden, in denen die Herabwürdigung der Kunst zur „Beutekunst“ ihre
Ursache hat. Dies ist drittens eine Einsicht, die hinter völkerrechtlich etablierte Standards
jedenfalls nicht zurückfällt. Im Gegenteil: Unser Vorschlag expliziert den vertraglich
niedergelegten Sinn der deutsch-russischen Verständigung anspruchsvoller als die beiden
Vertragspartner das derzeit tun. Weil die Chancen für ein Entgegenkommen der Russen sich
erheblich verbessern, wenn man den Gedanken eines gemeinsamen europäische Kulturerbes
im Sinne eines beiderseitigen Eigentumsverzichts interpretiert,71 ist unser Vorschlag viertens
auch geeignet, den materiellen Bestand der „Beutekunst“ zu sichern.
Juristen werden vor unerwünschten Konsequenzen warnen, die aus einem Verzicht auf die
strikte Einhaltung völkerrechtlich verbindlicher Verträge erwachsen könnten; Verwaltungsexperten werden ausrechnen, welche Kosten durch Stiftung und Kulturwerk dem Steuerzahler

71 Die Gründe, warum Rußland geneigt sein könnte, auf den hier skizzierten Vorschlag einzugehen, haben
wir an anderer Stelle untersucht (vgl. BURCHARDI/KALB Unterwegs nach Europa).

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

entstehen; Kunstsachverständige werden auf die Probleme hinweisen, die mit der Idee in
Verbindung stehen, daß ein Kernbestand der „Beutekunst“ in Deutschland, Rußland und
möglicherweise weiteren europäischen Ländern im Prinzip zu sehen sein muß. Angesichts
einer solchen Problemmasse ermutigt vielleicht das Bewußtsein, daß es immer noch besser
ist, sich aktiv an einer Lösung des Problems zu versuchen als die Selbstauflösung des Problems
in den russischen Depots abzuwarten. Vor allem aber hängt der Stellenwert der faktischen
Probleme, die durch die Verwirklichung unserer Idee entstehen würden, ganz entscheidend
davon ab, aus welcher normativen Perspektive der Verzicht auf die „Beutekunst“ wahrgenommen wird. Ist mit dem Eigentumsverzicht das Gefühl nationaler Kränkung verbunden,
sinkt natürlich die Bereitschaft, mit institutioneller Phantasie ans Werk zu gehen; wird dagegen
der Verzicht auf deutsches Kulturgut als ein Vorgehen interpretiert, das Deutschen und Russen
als Europäern gemeinsam zugute kommt, dann stehen die Vorzeichen günstig. Dieser Aspekt
des politischen und kulturellen Selbstverständnisses, das sich in einem gemeinsamen europäischen Kulturerbe manifestiert, interessiert uns hier.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es (nicht zuletzt als Reaktion auf den Zweiten
Weltkrieg) verstärkt Bemühungen, den in der Haager Landkriegsordnung völkerrechtlich
festgeschriebenen Schutz der Kultur zu erweitern72 und im Sinne eines Auftrags zur Bewahrung
des Weltkulturerbes zu formulieren. Solche Versuche tragen der Einsicht Rechnung, daß die
Definition des kulturellen Erbes als nationales den politischen Denkhorizonten des 19.
Jahrhunderts entstammt und unter den Bedingungen des 20. Jahrhunderts universalisiert werden
muß. Die Indienststellung der Kultur für exklusiv nationalstaatliche Zwecke hat ihre ideologische Selbstverständlichkeit verloren. Jedenfalls setzt sich die Erkenntnis durch, daß Kultur
und Kunst eine die Beschränkungen des Nationalen übersteigende Kraft entfalten können
und als solche auch unter besonderen Schutz gestellt werden müssen.
Ein solches Anliegen ist in die „Charta von Paris für ein neues Europa“ vom 21. November
1990 eingegangen. Von der „gemeinsamen europäischen Kultur“ erwartet sich die Charta
einen wesentlichen Beitrag zur Neuordnung Europas. Auch im „Vertrag über gute Nachbarschaft“ vom 9. November 1990 verpflichten sich die Sowjetunion und Deutschland, das
„Bewußtsein der jahrhundertelangen gegenseitigen Bereicherung der Kulturen ihrer Völker

72 Vgl. etwa die „Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten“ von 1954,
die „Konvention zu Mitteln zur Verhütung und zum Schutz von illegalem Import, Export und Transfer
von Besitz an kulturellen Eigentum“ von 1970, das „Übereinkommen über den Schutz des kulturellen
und natürlichen Erbes der Welt“ von 1972 sowie die aktuelle UNIDROIT-Konvention zu gestohlenem
oder illegal exportiertem Kulturgut (vgl. Conventions and Recommendations).
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und deren unverwechselbaren Beitrags zum gemeinsamen kulturellen Erbe Europas“73 zu
bewahren und zu erneuern. Im „Bewußtsein der europäischen kulturellen Gemeinsamkeit“
sprechen sich Rußland und Deutschland im Kulturabkommen von 1992 schließlich für „die
Schaffung eines gemeinsamen und offenen Kulturraums in Europa“ aus.74
Mit dem Gedanken, daß Deutsche und Russen einer kulturellen Erbengemeinschaft
angehören, können sich verschiedene national gestimmte Geister nur schwer anfreunden. Sie
tragen das Bekenntnis zu Europa auf den Lippen, nicht im Herz und auch nicht im Kopf.
„Kulturpolitik muß [...] heute mehr denn je berücksichtigen“, meint Waldemar Ritter,
Ministerialdirigent des Bundesinnenministeriums und ein key-player in der Auseinandersetzung
um die „Beutekunst“, „daß Kulturgüter und Kunstwerke auf gegensätzliche Weise Wirkung
entfalten. Sosehr sie beitragen, nationale Identität zu prägen, sosehr sind sie auch geeignet,
im Interesse der Menschen, Grenzen zu überwinden.“75 Einer so lichten Äußerung wäre nichts
mehr hinzuzufügen 6 würde Ritter nicht paradoxerweise aus der Einsicht in die universale
Geltungskraft von Kultur und Kunst den Schluß ziehen, kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter
müßten „in ihre historisch gewachsenen nationalen Herkunftsräume“76 zurückgeführt werden.
Das provoziert die abgründige Frage, wo denn der historisch gewachsene nationale Herkunftsraum des Goldschatzes von Eberswalde zu suchen ist? Plant das Bundesinnenministerium
etwa, den „Schatz des Priamos“ an die Türkei (?) abzutreten, die Werke der französischen
Impressionisten nach Frankreich und auch die ostasiatischen Sammlungen der Berliner Museen
in ihre nationale Heimat zurückzuführen? Das Skurrile von Ritters Überlegung tritt noch
deutlicher hervor, wenn man umgekehrt die Berechtigung des deutschen Anspruchs auf die
„Beutekunst“ zugesteht und dann an der „Beutekunst“ die Grenzen des historisch gewachsenen
nationalen Herkunftsraums Deutschlands abliest: Dabei würde sich dann herausstellen, daß
die Urgründe der deutschen Nation in der frühen Bronzezeit lägen und ganz Europa und sogar
Teile Ostasiens in den Grenzen Deutschlands eingeschlossen wären ...
Solche bizarren Konsequenzen müssen sich ergeben, wenn man übernationale Angelegenheiten der Kultur und Politik nach den Kategorien des Nationalen zu begreifen versucht. In der
Tat ist es letztlich der Begriff einer nationalen Identität, der die ganze Last der Argumentation
derer trägt, die auf die Restitution der „Beutekunst“ dringen.77 Das Anliegen wird zwar

73 Artikel 15 des „Vertrags über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit“.
74 Vgl. das „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der
Russischen Föderation“.
75 RITTER Kulturerbe als Beute?, S. 25.
76 RITTER Kulturerbe als Beute?, S. 25.
77 Die Position der Bundesregierung vertritt Hagen Graf Lambsdorff, Ministerialdirektor und Leiter der
Abteilung Ausland im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Es gehe im Streit um die

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Osteuropa-Institut München: Mitteilungen 38/1998

völkerrechtlich formuliert, doch ist das Interesse, das sich in der Sprache des Rechts Gehör
verschafft, selbst nicht (jedenfalls nicht allein) juristischer Natur.78 Welches Interesse genau
verfolgt Deutschland, wenn es auf der Einhaltung der mit der Sowjetunion geschlossenen
und von Rußland bestätigten Verträge beharrt und die Rückgabe der „Beutekunst“ verlangt?
Die „Beutekunst“, so lautet die Antwort, „gehört uns“, und unser Eigentum wird durch das
Völkerrecht geschützt. Freilich ist es ein besonderer Typ von Zugehörigkeit, der unter den
Schutz des Rechts gestellt werden soll. Kunst „gehört“ uns ja in einem anderen Sinn als bloße
Gebrauchsgegenstände. Den materiellen Wert von Gütern des Gebrauchs oder Verkehrs haben
die Verfechter einer Restitution daher auch gar nicht im Sinn: Ihnen geht es um die symbolische
Bedeutung, die die „Beutekunst“ für die nationale Identität hat. In der „Beutekunst“, so lassen
sich die dementsprechenden Argumente rekonstruieren, wird ein Teil der deutschen Identität
objektiv. Sie gehört zu der Kette von künstlerischen Zeugnissen und kulturellen Dokumenten,
in denen sich das Selbstverständnis der Deutschen in geschichtlichen Etappen herausgebildet
und sukzessive artikuliert hat. Dabei hat die „Beutekunst“ nicht nur ein historisches Interesse.
Wirklich stark wird das Argument erst, wenn man die gegenwartsbezogene Bedeutung der
„Beutekunst“ hervorhebt: In ihr (als einem Teil der deutschen Kultur und Kunst) vermögen
wir uns als Deutsche der Voraussetzungen unseres Bestandes zu vergewissern. Die „Beutekunst“ gehört zu einem symbolischen Kontinuum, dessen reflektierte Übernahme die Antwort
auf die Frage bildet, wer wir als Deutsche sind und sein wollen. Die „Beutekunst“ ist so gesehen
Teil jener starken Gründe, die uns motivieren, als Deutsche zusammenzusein.
Freilich hat die nationalstaatliche Definition des politischen Gemeinwesens ihre Unschuld
am Ende des 20. Jahrhunderts verloren. Es ist doch gerade die Kunst als „Beutekunst“, die
darüber belehrt, daß in national überhöhten Selbstdeutungen die Gründe für Krieg zu suchen
sind. Zudem sind große Teile der „Beutekunst“ nicht von der Art, daß sich aus ihnen
retrospektiv die Entwicklung der deutschen Identität entnehmen ließe. Überhaupt ist der
Gedanke einer homogenen Kulturnation eine Fiktion, die ihre Zeit gehabt hat. Selbst die Teile
der „Beutekunst“, die kunstgeschichtlich betrachtet einer „typisch deutschen“ Tradition
zuzugehören scheinen (die Werke Dürers etwa), wären ohne die Weite eines national
nichtassimilierbaren Kontextes gar nicht denkbar gewesen. Die Frage eines nationale Grenzen

„Beutekunst“ um den völkerrechtlich etablierten „Schutz der kulturellen Identität von Menschen und
Völkern” (LAMBSDORFF Die Rückführung deutscher Kulturgüter, S. 87) und speziell für Deutschland
um die „Wiedererlangung eines Teils seines legitimen Kulturerbes” (LAMBSDORFF Die Rückführung
deutscher Kulturgüter, S. 115).
78 Es gibt freilich ein rechtliches Interesse prinzipieller Art an der Einhaltung von Verträgen: Unabhängig
von dem konkreten Anliegen, das einer rechtlichen Bearbeitung zugeführt werden soll, geht es bei jedem
Rechtsanspruch auch um die Erhaltung und Beglaubigung eines Systems von Rechten als solchem.
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überbordenden Kulturerbes läßt sich, auf der Schwelle zu einem gemeinsamen europäischen
Haus, auch zukunftsgewandt formulieren: Wessen Erbe soll die „Beutekunst“ denn in künftigen
Generationen sein, das der Deutschen oder das der Europäer?
Konservative wie Ritter wollen die „Beutekunst“ als „einen substantiellen Teil des nationalen
Kulturerbes“ nicht einfach „abschreiben“79. Niemand kann die „Beutekunst“ abschreiben wollen,
wenn darunter zu verstehen ist, daß sie dem ideologisch motivierten Zugriff derer überlassen
bleiben soll, die sie sich unrechtmäßig angeeignet haben. Warum aber sollten wir auf die
historisch kontingente und sachlich in vielen Fällen ohnehin bedenkliche Definition der
„Beutekunst“ als nationales Kulturerbe nicht verzichten und die umstrittenen Gegenstände
als europäisches Kulturgut würdigen? Dann bestünde nämlich die Aussicht, daß wir als
Europäer zurückerhielten, was wir als Deutsche verlören. Auf eine solche Überlegung ist
der Vorschlag eines Eigentumsverzichts hin angelegt. Sehr wohl lassen sich nämlich die
Besonderheiten des Nationalen in einer gemeinsamen europäischen Welt zur Geltung bringen

6 nicht aber die überragenden europäischen Interessen in Kontexten nationaler Beschränkung.80
Die deutsche und die russische Kultur haben sich über weite Strecken der Geschichte beider
Länder hinweg wechselseitig geprägt. Die Tradition einer kulturellen Verflechtung ist in diesem
Jahrhundert freilich abgebrochen. So muß man heute dafür werben, die Kultur und Kunst
erneut zum Medium der Verständigung zwischen Deutschen und Russen zu machen.
Anschauungsmaterial für die Möglichkeit kultureller Selbstverständigung über nationale
Grenzen hinweg bot die Ausstellung Moskau 6 Berlin / Berlin 6 Moskau. 1900–1950. Sie
wurde von September 1995 bis Januar 1996 in der Berlinischen Galerie in Berlin und von
März bis Juli 1996 im Puškin-Museum in Moskau präsentiert. Moskau 6 Berlin ist ein Beispiel
dafür, daß die nationalen Öffentlichkeiten Deutschlands und Rußlands kulturell füreinander
(wieder) durchlässig werden. Aus der Kultur und der Kulturpolitik kam hier ein bedeutsamer

79 RITTER Kulturerbe als Beute?, S. 11.
80 Es klärt sich viel, wenn man erkennt, welches Interesse das Beharren auf völkerrechtlichen Verträgen
motiviert: Hier bildet das Nationale den unübersteigbaren Horizont der Argumentation. Freilich darf
andererseits das Bewußtsein einer gemeinsamen europäischen Kultur den exklusiven Zug nicht
unterschätzen, der in jeder kulturellen Selbstverständigung wirkt. Eine Argumentation, die die Einheit
Europas auf eine gemeinsame Kultur stützt, handelt sich all die Ambivalenzen ein, die auch schon dem
Begriff einer nationalen Kultur anhafteten. Das Bewußtsein einer gemeinsamen Kultur hat die Errichtung
eines nationalen politischen Gemeinwesens befördert; freilich hat der Selbstentwurf auf der Basis einer
gemeinsamen Kultur auch die polemische Dimension einer Abgrenzung der eigenen gegen die fremde
Kultur gehabt. Die (vermeintliche) Homogenität der nationalen Kultur sollte der Rechtfertigungsgrund
eines politischen Gemeinwesens sein, das seine Grenzen folglich dort fand, wo die gemeinsame Kultur
aufhörte. Die gemeinsame europäische Kultur muß die Konsequenz einer Abschottung gegen nichteuropäische Kulturen vermeiden – und sich als Schritt zu einem „Weltkulturerbe“ bewähren, in dem das
Bewußtsein von Gemeinsamkeiten die Garantie dafür bildet, daß individuelle kulturelle Entwürfe in ihrer
Alterität respektiert und geschützt werden.

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Impuls. Gegen die im nationalen Habitus verwurzelte Neigung, Fragen des politischen und
kulturellen Selbstverständnisses nur im Licht der jeweils eigenen Geschichte zu beantworten,
übte die Ausstellung eine neue Sichtweise ein: Die Perspektive der ersten Person Plural, die
Deutsche und Russen umfaßt. Die eigene Kunst, Kultur, Geschichte und Politik, so lautete
der Subtext der Ausstellung, läßt sich angemessen und vollständig erst vom Standpunkt der
jeweils anderen Seite her begreifen. In der Ausstellung, die Bilder von Hitler und Stalin
nebeneinander präsentierte, manifestierte sich das wechselseitige Eingeständnis von Schuld;
in der Darstellung der Einflüsse, welche die deutsche und russische Kultur aufeinander gehabt
haben, brachte sich zudem ein Begriff der Kultur zur Geltung, der einen nationalgeschichtlichen
Horizont der Zugehörigkeit überschreitet. Die Ausstellung trug ihren Teil dazu bei, Deutschen
und Russen eine neue Form der Zusammengehörigkeit nahezulegen: das übernationale,
europäische Bewußtsein, das sich aus der Wahrnehmung einer gemeinsamen Geschichte und
gemeinsamer kultureller Traditionen von Weltrang speist, macht aus Bürgern zweier
Nationalstaaten Angehörige eines neuen, erst in den Konturen sich abzeichnenden Gemeinwesens.
Realitätsferner Idealismus? Ein schöner Traum? 6 Niemand kann darüber hinwegsehen, daß
Deutschland und Rußland durch Sprache und Mentalität getrennt sind. Doch ist es andererseits
auch nicht zu bestreiten, daß die beiden Länder durch die Katastrophen zweier Kriege eben
auch verbunden sind. Zu einer solchen Einsicht hat Moskau 6 Berlin die geschichtlichen
Erfahrungen in der Tat verarbeitet: Die Ausstellung appellierte an Deutsche und Russen,
nationalistische Mentalitätsbarrieren zu überwinden und sich auf den grenzüberschreitenden
Verkehr in einer neuen politischen und kulturellen Geographie einzustellen. Warum sollte
aus Aktivitäten wie Moskau 6 Berlin nicht das Bewußtsein einer kulturellen und politischen
Zusammengehörigkeit entstehen können, einer Zusammengehörigkeit, die, betrachtet man
die Verflechtung deutscher und russischer Traditionen, die gemeinsamen geschichtlichen
Kontexte, die verbindenden politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Interessen, objektiv
ohnehin schon gegeben ist und jetzt noch subjektiv im Sinne eines neuen europäischen
Selbstverständnisses angeeignet werden muß?
Die „Beutekunst“ war gewissermaßen das leere Zentrum von Moskau 6 Berlin: In der
Ausstellung selbst nicht thematisiert, ist sie doch ein Schlüssel zum Verständnis des behandelten
geschichtlichen Ausschnitts (1900–1950).81 Warum sollte der politische Umgang mit der

81 Als paritätisch vorbereitetes und durchgeführtes Projekt hätte die Ausstellung für die Lösung des
„Beutekunst“-Problems durchaus Modellcharakter haben können. Wenn es schließlich nicht gelungen
ist, den in der Ausstellung entworfenen Lösungshorizont für das Problem der „Beutekunst“ zu nutzen,
dann hat das unter anderem mit Irina Antonovas Blockadementalität zu tun, in der ein sowjetimperialer
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„Beutekunst“ den Faden nicht da aufnehmen, wo ihn Moskau 6 Berlin liegengelassen hat?
In der „Beutekunst“ werden schließlich gemeinsame Traditionen und (stärker noch als in den
Exponaten der Ausstellung Moskau 6 Berlin) eine gemeinsame Geschichte objektiv. Wenn
sich Deutsche und Russen gleichermaßen in einer gemeinsamen, europäischen Kultur
wiedererkennen könnten, dann wären auch die Bedingungen beseitigt, unter denen es ihnen
hat einfallen können, der Kultur die ideologischen Vorwände für nationalistische Politik zu
entnehmen, Kunst zur „Beutekunst“ herabzuwürdigen oder gar zu zerstören: Jeder Schaden,
der der Kultur angetan würde, müßte dann nämlich als eine Beschädigung der eigenen
kulturellen Substanz verstanden werden. Zwischen Deutschland und Rußland würde sich
ein kulturelles Binnenverhältnis ausbilden 6 und die Gemeinsamkeit des europäischen Erbes
wäre die Garantie dafür, daß sich Russen und Deutsche auch in ihren kulturellen Unterschieden
respektieren könnten.

Charme mit Altersstarrsinn eine betonharte Verbindung eingeht. Teile der „Beutekunst“ im Puskin-Museum
zeitgleich mit der Ausstellung Moskau – Berlin zu präsentieren bestätigt den Zusammenhang der
Ausstellung mit der „Beutekunst“ und leugnet ihn zugleich – ein Affront gegen jeden ernstgemeinten
Versuch der Verständigung.

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